Sonntag, 16. Dezember 2007

White Christmas

Der Durst mich mitzuteilen bleibt ungebrochen, obwohl ich mir der Unmöglichkeit dessen eher noch bewusster geworden bin. Auch bin ich mir bewusster denn je, dass dieser Blog ein Ersatz ist. Eigentlich hab ich mich niemandem mitzuteilen. Dennoch geb ich die Blogadresse weiter, denn ich erachte meine widersprüchliche Situation als grundehrlich. Ich suche verwegen weiter nach einer, nach der einzigen Ansprechperson. Trevor hatte verstanden, dass es hier um einen Code geht, der so angelegt ist, dass nur dieser eine ihn knacken kann. Trevor hatte in einem kurzen Anflug den Eindruck, er könnte und/oder wollte das tun. Aber ein solch kurzer Atem reicht nirgendwo hin. Wohnen wir nicht alle im Niemandsland?
Meine Erwartung ist im Advent immer besonders gross, und sie ist nicht einmal auf eine trügerische oder verkehrte Weise überspannt, denn sie – die Erwartung – ist dann im besonderen Mass religiös konzentriert. Wie verbreitet ist die Fähigkeit, sich den Messias als Person, als Kleinkind vorzustellen, gegenwärtig, in unseren Breitengraden? Gerade wenn ich in vielerlei Hinsicht bedauere anders zu sein, diesbezüglich fühle ich mich vielleicht bereits wieder in auffälliger Weise erhaben. Ich kann mir den Messias als Kleinkind, als Junge, Jüngling oder reifer Mann tatsächlich vorstellen, weil ich bereits unendlich viele Hinweise auf ihn gesammelt habe. Ich habe die herrlichsten Männer gesehen und teilweise sogar kennengelernt. Manchmal schiessen mir Tränen in die Augen, wenn ich nur an einzelne Merkmale denke.
Als ich zu meiner letzten Therapiestunde mit Dr.Prank den Pass mit dem Fahrrad hinauffuhr betete ich über den Tod. Ich teilte meinem Messias mit, dass wenn mich ein gewaltsames Ende „frühzeitig“ – jetzt – zu spät! - heimsuchen würde („bitte einfach nicht zu brutal!“), ich zu ihm über das Wasser gehen wollte im vollen Bewusstsein und ohne jeden Zweifel darüber, dass er mich liebend (ekliptisch) umarmen würde. Liebend, kann je einer richtig verstehen, was das überhaupt bedeutet? Dr. Prank gab mir dazu Hinweise: Liebend könnte etwa heissen „in der Bereitschaft meiner ganzen Person, das Gegenüber bei der Verwirklichung seiner wesentlichsten Lebensmöglichkeit zu unterstützen“. Was ist deine wesentlichste Lebensmöglichkeit, geneigte Leserin; Sheagle, du einzige, die das hier je kommentieren wollte? Dabei liebst du nicht einmal „uns Männer“, tss (von deinen "Chefs" mal abgesehen)!
Meine wesentlichste Lebensmöglichkeit weint vor Anstrengung, weil sie unbedingt gewinnen möchte, aber bereits eine grosse Ahnung darüber gewonnen hat, dass sie von einer Niederlage viel mehr mit nach Hause nimmt. Meine wesentlichste Lebensmöglichkeit hat nach argen Beeinträchtigungen immer noch einen derart absoluten Anspruch, der letztlich darin besteht, dass ihm niemand genügt, dass niemand seine Grösse und seinen unbeugsamen Stolz sehen darf. Und dennoch suche ich wie ein Verrückter. Ich versuchte sogar – ich plappere hier unzensuriert auch Geheimnisse aus, denn hier hatte noch nie etwas Konsequenzen! – mithilfe eines Psychopharmakas zu suchen, welches mir Dr.Prank auf meine Bitte hin verschrieben hat (ich hatte genug von meiner „Wahrnehmung“!). Aber es gefährdete meine verrückte Suche. So seuchte ich die chemischen Spuren wieder aus und trage nun wieder die Bio-Knospe auf meinem geschundenen Herzen.
Bevor das Herz einmal ablöscht wird das Blut schwarz, so stelle ich mir das bildhaft vor. Aber es geht ja noch nicht auf Karfreitag zu, und Karfreitag dauert nur 24 Stunden – gleichlang wie ich für die Trauer um Trevor brauchte – der Stern zieht uns voran und stoppt über Bethlehem. Ich bin in Aufbruchstimmung, liebe Leserin, mit dir in unser schönstes Jahr!

Montag, 12. November 2007

Ein typisches Grimm Märchen

Ich staune über mich, und wenn ich der einzige wäre, der das tut. Ich bin erstaunt darüber, wie wenig ich vorwegnahm von meinem Empfinden dir gegenüber. Meinen letzten Blogeintrag hab ich noch vor unserer Begegnung geschrieben, nicht wahr, du kannst das bestätigen, wir sind uns erst am 3.November begegnet. Dem Tag meiner dritten und vielleicht letzten Konversion. Du hast mich überwältigt.
Ich staune über mich, Trevor, und wenn ich der einzige bin, der das tut. Was ist in mir vorhanden, dass sich meine Seele derart aus sich heraus katapultieren kann in deine wilde Natur? Mir war, als fügte ich zum ersten Mal meine Hand in eine andere und mein kleiner Blutkreislauf war plötzlich global angeschlossen. Alle Lichter gingen über mir auf, als wäre es auf der ganzen Welt Advent. Aber du gibst dich unbeeindruckt.
Trevor, Trevor, Trevor, Trevor. Dein Name ist zu meinem kürzesten Gebet geworden, meinem kürzesten, immerwährenden Gebet; einem Gebets-Loop mit unendlichen Wiederholungen – ähnlich wie das Bum-bum-bum von Technomusik, die dich manchmal aufreizt. Egal ob ich Nachtschichten arbeite, am Tag schlafe, immer ist mein Kissen nass von Tränen oder Speichel und mich rührt, was ich sehe: ich erkenne deine Bärenschnauze sogar in Katzen, die ich bisher nicht niedlich fand.
Du bist unbeeindruckt, dass ich verliebt bin, und es ist dir egal, dass ich bei dir einziehen würde, weg von allen und allem, wenn du das wolltest. Schon paarmal meinte ich in Bezug auf dich mit Gewissheit, dass alles parat ist und „nur“ noch die Grobplanung fehlt um unser gemeinsames Glück unter Dach zu bringen. Aber du bist am Drücker, und du sagst, wenn und ob es überhaupt je losgeht. Dabei bin ich schon mittendrin, und wenn ich der einzige bin.
Schade, dass du so gewaltig bist. Dr. Prank hat recht. Auch Dr. Prank – mein Therapeut - ist gewaltig. Er reicht mir jeweils zweimal die Pranke und seit geraumer Zeit sagt er immer etwas Freundliches, Privates zu mir, wenn ich komme oder gehe. Es wird nur noch etwa zwei Sitzungen geben, dann nimmt er eine Auszeit. Ich hab mir den Namen des Medikamentes notiert, welches er mir empfiehlt, wenn ich wieder einmal zu lange ohne Aussicht auf einen gewaltigen Menschen bin, den ich „erfolgreich“ lieben könnte. Seit ich meinen Vater kenne, beisse ich mir die Zähne an „gewaltigen“ Männern aus. Habe ich mit Dr.Prank keine Fortschritte gemacht, bist du keine Frucht meiner inneren Entwicklung, Trevor, Lieber?
Du kannst das four-letter-word sagen, das mich unglücklich, religiös und todessehnsüchtig bleiben lässt: „Nein“. Oder noch schlimmer: „Jein“. Und letzteres sprichst du momentan genauso beständig und nuancenreich, wie ich um dein Wohlergehen bete. Nicht um deine Bekehrung, wohlgemerkt. Du willst, wie sie alle, Agnostiker bleiben. Agnostiker auch, was Liebesbeziehungen anbelangt. Du möchtest nur überall ein bisschen lecken. Ist das fies gesagt?
Und wenn ich schon am klönen bin. Du liest mich nicht einmal mehr! Meine Sprache ist dir längst zu anstrengend, zu abstrakt und zu unwirklich geworden. Wäre ich doch einfach ein gwöhnlicher Topf Honig, den man ausessen kann. Ich mach wieder an Schreibwettbewerben mit. Ich fühle mich so unter Leistungsdruck, dass ich dir nur noch in Notfällen schreiben will. Ich möchte Erfolg haben wie du – Macht! Ich möchte auch am Drücker sein, in die Luft knallen und „Ja!“ schreien. Ich habe das Gefühl, dass seit wir wie ein Paar im Bus und im Zug gesessen sind, ich mit jeder Minute, wo das Gefühl für die sinnliche Erinnerung schwindet, mein Glück verrate. Es ist wieder das Gefühl, dass meine Seele ein schwarzer Panther ist, wie ihn Hermann Hesse im Käfig beschreibt. Aber die Stäbe werden undicht. Ich spüre, mein Tier wird etwas töten, das nicht mehr länger leben darf.
Trevor. Ich bin so zahm mit dir am Telefon. Du verlangst unausgesprochen, dass ich alles lerne, was ich „nicht kann“ und lehnst dich dabei gemütlich zurück und kaust Rosenknospen. Du sagst mir Dinge, die noch keiner von dir weiss und du brauchst keine Zweifel hegen, dass sie bei mir sicher sind. Du spürst, ich bin harmlos und weiss nicht, wie man jemanden austrickst. Du bist mir artfremd. Warte, Bär, bis meine Stäbe weg sind. Dann gibt es einen fairen Kampf zwischen dem Panther und dir. Dann zeige ich dir mit meinen weissen Zähnen, dass ich nicht geheuchelt hab und ich dich wirklich lieb hab. Und wenn ich der einzige bin.
Ich wünsch dir Glück. Wieder stehst du beruflich vor einer Perspektive, die dich zum meistgesuchten Versicherungskriminellen macht. Was immer du mir für Geschichten erzählst, ich finde alles leichtgläubig in Ordnung, nicht weil ich blind bin, sondern weil ich dich gespürt hab. Du brauchst nur einfach viel Verständnis, und wenn ich der Geduldigste wär, der es für dich aufbringt.
Entschuldige, dass ich dir zu langweilig bin. Mein Käfig macht mich halt „innere Schätze“ ausbrüten, wenn überhaupt. Wie könnte ich dich erkennen, falls in mir nicht noch bessere Abenteuer tobten, als du je erlebt hast: Ich flieg nämlich in einer Woche zu dir!

Donnerstag, 25. Oktober 2007

The Seal of Love (A Song Yet To Be Written)

Trevor Husbear
Was ist anders mit dir als mit den anderen Bären im Internetz? Dass du noch profundere Seelenschichten aufrührst, dass du noch tieferliegende Dielen aufbrichst und sich darunter ungeahnte Räume auftun?
Anders ist jedenfalls dein Umgang mit den künstlichen Schranken virtueller Begegnung. Wir telefonieren und du buchst einen Flug zu mir. Wahrscheinlich helfen solche Gesten, mich derart aufzuwühlen.
Du bezwingst die Wirklichkeit, Husbear. Ich würde nicht sagen, du seist ein Eroberer, dafür bist du ein zu spiritueller Reisender. Aber du scheinst alles an dir zu haben, was ein Mann sich wünschen kann, nur dass du unverheiratet bist. Und auf diesem thematischen Hintergrund sind wir ins Gespräch gekommen.
Du liest mich. Auch das ist anders. Du gehörst zu den von dir eingeschätzten 3%, die diesen Blog lesen und verstehen können, und du findest dich teilweise in den verschlüsselten Fragestellungen wieder. Du analysierst meine Struktur und willst meinen Code; du bist ein Rosenkreuzer. Aber du weißt noch nicht, wen du vorfinden wirst.
Du löst meinen Wunsch nach Hingabe aus, Einäugiger. Und wenn du sie entdeckst, dann hast du einen Schatz gefunden. Schöpfst du daraus die Kraft für deine Spekulationen? Ist es das, was dir fehlt; liegt darin der Trieb und der Grund für deine Umtriebe; die Sehnsucht nach einem pure and utter amazement gegenüber deiner seelischen Natur? Nach einem ungeheuchelten, ungeteilten Magnetismus? Just ihn weckst du in mir, Husbear. Darin liegt dein Vorteil meiner Versehrung: meine entstellte Empfänglichkeit liegt vollkommen unbedeckt. Und du hast den Ausweis, CIA. Du wirst überall vorgelassen mit deinen Kompetenzen. Dir vertraue ich. Und gerade deshalb werde ich dein Gewissen prüfen. Ich bin bis anhin ziemlich vor missbräuchlichem Zugriff verschont geblieben, dank Vorsicht und meinen Schutzengeln. Du fandest dich bereits an beiden Enden vom Verwirrspiel trügerischer Übervorteilung wie alle, die wissen wollen, aus welchem Stoff sich der innerste Kern der Materie zusammensetzt. Und ich spüre, du bist selbst aus diesem Stoff gewoben und du bist stärker als alles, was dich umhauen wollte. Dennoch muss ich dich auf etwas noch Wichtigeres hin prüfen, denn wenn du mich nicht unbefristet lieben kannst, dann bin ich wertlos und dann bist du zu starker Tubak für mich, Trevor.
Du hast die Natur menschlicher Machbarkeit zweifellos verstanden und ich stehe diesbezüglich ganz weit und naiv dahinter zurück. Inwieweit hast du aber – davon losgekoppelt – die Natur selbstloser Liebe begriffen? Selbst Religion interessiert dich nur „systematisch“; du wolltest nicht auf Gott zurückfallen als eine Wolke, die dich trägt, da dir das naturwissenschaftlich zu utopisch ist. Diese Wolke ist aber der Urstoff jeder Liebesbeziehung, die auf unbewusste Manipulation verzichtet. Du müsstest dich bekehren, ehe wir zusammenziehen.
Ich habe auf dich gewartet, mein Freund. Ich weiss nun, dass es einen Bären gibt, der mich zu fesseln vermag ohne dass ich einen Schritt hinter mein Liebesideal zurücktrete. Du kannst alles sein, was ich mir zu wünschen vermöchte, aber du wirst zuerst in mich hinabblicken, vorbei an allem Ungeschickten und Missratenen auf das hilflose, ehrliche Begehren eines glückstrahlenden Kleinkindes, welches noch weiss, woher es stammt und wohin es, unabhängig von jedem Schicksal, bedingungslos, zertrümmert oder unbeschadet zurückkehrt. Siehst du es jetzt im Licht deines Auges tanzen?
Wenn wir uns lieben, Trevor Husbear, dann werden wir es entweder nicht oder wir werden es für immer tun. Und wenn, dann werden wir anhänglicher aneinander sein und innovativer in der Weise, wie wir einander immer wieder neue Anhänglichkeit bekunden, als jedes andere Paar. Nein, wie jedes andere Paar, welches stauend zur Kenntnis nimmt, dass ihre Liebe nicht aus ihnen selber stammt und nicht erzeugt werden kann. Wir kriegen sie, solange wir unsre Herzhälften füreinander offen tragen, jeden Tag geschenkt. Bis wir wieder jung werden.

Montag, 22. Oktober 2007

Solitüden

Ich erzähle mir, was ich erlebe und wie es mir ergeht. Denn ich bin mir mein engster Vertrauter und ich bin so vergesslich, dass eine aufbereitete Vortagsgeschichte ganz neu klingt, bzw. viele „Weiss du noch“-Effekte hervorruft. Also, was hat „unser zerbrochene Krug“ so alles mitgemacht in letzter Zeit?
Janosch war zwölf Tage weg. Für einen mit Kurzzeitgedächtnis eine Ewigkeit. Ich hab dich absichtlich verdrängt, Kleiner. Ich fühle mich so unzugehörig wie eine aus dem Adam herausgefallene Rippe und ich weiss, dass ich dir nicht in die Seite springen darf. Also hab ich dich dem lieben Gott zugeworfen und bin tanzen gegangen, gleich viermal innerhalb einer Woche. Einmal ins X-Akt in O im 70er, 80er Discoraum. Da wird es nach einer kurzen Alkoholisierungsphase, bei der ich mich natürlich "enthalte", bald ziemlich eng auf der Tanzfläche und leicht johlende Massenhysterien heben an. Hier hab ich praktisch keine Seele getroffen und ich komme auch nicht wieder.
Dreimal war ich in verschiedenen 5 Rhythmen Anlässen. Hier ist Tanz viel eher Ausdruck von Gebet; hier ist man weniger allein (einmal war sogar ein Freund anwesend), hier lässt sich die Sehnsucht, die Einsamkeit, der Protest ausdrücken. Manchmal wird zu Begegnungen im Tanz angeleitet, welche für mich sehr lose blieben und häufig irritierten. Einmal meinte sogar ein die Arme verrenkendes, gebückt schleichendes graziles Fräulein: „Du siehst aus wie Dornröschen“ zu mir, und ich lächelte dankbar zurück! Ich fühle mich eigenartig, dabei schreit meine Sehnsucht. Im Moment bin ich vor lauter Rätsel mir selber gegenüber wieder einmal ziemlich unglücklich und erscheine mir als ernst gemeinter Witz. Was soll ich als solcher verrichten? Was kann mit dieser Selbstwahrnehmung an Schönem und Wichtigem gelingen, vor allem im Beziehungsbereich? Ich geh mit dem Hals im Würgegriff herum und ich weiss, die Frage „Was mache ich falsch?“ ist falsch gestellt. Mein Glaube ist ein Schutzpaket, welches mich tröstet und ermutigt zu jedem neuen widersprüchlichen, sich selber negierenden Schritt. Ich schreibe zur Zeit viele Gebetsliedertexte und alle träumen von der Liebe zwischen Mann und Frau. Ich bin die letztere. Es ist ein Wunder, wenn etwas wird aus dieser Fluchtvorstellung, aus dieser Erfüllung.
Dr. Prank fordert mich gewagtermassen dazu auf, die Welt und ihre Möglichkeiten als das zu sehen, was sie ist und nicht durch die Zerrbrille meiner Komplexe. Ich verspüre für diese Möglichkeiten wenig Anreiz, zu sehr hoffe ich auf eine Auflösung meiner Sichtweise von innen her. Dabei wasche ich meine Haare schon lange mit Elsève Anti-Haarbruch Schampoo. „Innovation: Doppel-Reparatur innen + aussen“ steht auf der Flasche. Wie sieht denn meine Reparatur von aussen aus? Ich kann sie mir lediglich in Form deiner Offenbarung vorstellen.
Da smilt mich jemand aus einer Distanz von nur 100km auf einer Kontaktseite im Internet an (der „Rekord“ liegt etwa bei dreieinhalb Tausend Kilometer). Und was für einer. Einer, der alles hat nur keinen Glauben und den will er überzeugtermassen nicht, sonst wird es ZU viel an Privilegien. Er hat viele liebe Freunde, liebe Eltern und Geschwister, eine Karriere, seine Kunst... Nicht einmal einen Partner braucht dieser Single mehr zu seiner Erfüllung. Wir chatten stundenlang. Ich weiss, dass ich virtuell ein interessanter Kommunikationspartner sein kann. Aber Goya mag auch meine Bilder. Und meine Sehnsucht ficht wieder harte Kämpfe mit meinen Selbstzweifeln aus. Mir ist als würde ich innerlich durch einen sauberen Abfluss gleiten und nur mein Herzmuskel bleibt oben im Sieb zurück. Wie geeignet ist ein solches Lebensgefühl für Beziehungsarbeit? Sie setzt ein grosses Wunder voraus. Aber ich glaube an dieses Wunder, da ich es jeden Tag suche, erflehe und heraufbeschwöre. Ich bin gespannt, aber ich fühle mich schwer. Wann werde ich durch deine Ziellinie laufen, liebender Gott? Ist es ein Kokon, den ich spinne mit meiner Hoffnung auf dich oder schaufle ich ein Grab, in dem ich verwese? Bist du eine ambulante Klink und bleibst du zeitlebens meine einzige Betreuung? Soll ich mich noch oft unmöglich verlieben, bis es Zeit wird, meine verblendeten Augen zu schliessen? Es ist schade um die Wirkung meiner menschlichen Potenziale, dass ein solcher Deckel auf mir liegt. Es gäbe weltweit derart viel zu tun für die Befreiung destruktiver Ängste. Aber so wie es ist, bin ich froh, wenn ich nicht der einzige bin, der sich fürchtet.
Ich ging gestern zum Ersttreffen einer neu entstehenden Männergruppe, da „meine“ Männergruppe ja Minimalgrösse hat. Aber meine Liebessehnsucht hält mich davor besetzt, mich einzulassen. Der Leiter hat einen jesuanischen Namen und die Natur eines Urvaters wohnt in seinem Körper. Wir waren draussen und es wurde kühl, aber er drücke Wohlsein aus in seinen kurzen Hosen und blossen Füssen. Wieweit wäre er mich zu tragen in der Lage, inwieweit würde ich ihn dazu befähigen können in einer Gruppe? Für viel Geld würde vielleicht etwas zeitbedingt entstehen? Und wieder wäre es erkauft und keine Freundschaft.
Bald sehe ich dich wieder, Janosch, nach diesen zwölf Tagen. Wenn mein Herz sprechen könnte statt Blödsinn zu dichten! Hoffentlich werden dir meine Augen sagen, dass ich dich zu vergessen versucht habe, weil ich dich unglücklicherweise mag.
Lieber Janosch
Du fährst weg ohne das Lied, welches in Textform dir mitzugeben mir vereitelt wurde. Gestern habe ich mich von dir für zwölf Tage verabschiedet. Manchmal bist du mir so nah und fern, dass es mich beinah zersprengt. Aber ich weiss, dass dieses widersprüchliche Muster mir auf die Seele geschrieben ist. Und so nachhaltig bitte ich Gott schon, dass er es mir auflösen hilft, denn ich möchte dich gewinnen.
Meine zwei Genossen vom Erfahrungsaustausch raten mir von jedwelchen Bekenntnissen dir gegenüber ab. Und ich fühle mich vor den Kopf gestossen. Ich will, dass die Wirklichkeit einer freundschaftlichen Liebe zwischen uns hereinbricht. Aber mich halten die Zweifel zurück, die aufgrund meiner Aufgebrochenheit vorliegen. Ich fürchte manchmal, ein funktionsuntüchtiges Herz zu haben. Damit würde ich dich möglicherweise beleidigen, nachdem ich dir ein Freundschaftsangebot gemacht hätte. Aber ich bin treu trotz allen Handicaps. Ich würde zu dir halten, selbst wenn ich dich enttäuschen würde. Du hast bei mir diesen Stellenwert, nur ich habe leider keinen.
Gestern ergab sich eine Konstellation, bei welcher du pseudo-konkurrenzierend neben mich gestellt wurdest. Pseudo-konkurrenzierend, weil es für mich an sich eine Beleidigung ist, mit dir verglichen zu werden. Darf man jemanden mit einem vergleichen, den man selbst vergeblich zu gewinnen versucht? Ich fand es unfair und es hat mich verletzt. Ich habe trotzig reagiert: „Ich schaff es trotzdem, auch wenn ich ständig versage.“ Wenn ich sterben könnte um für dich ein Bäumchen zu spriessen, vielleicht würde ich es tun. Und wenn du keine Bäumchen brauchst, irgendetwas wird es trotzdem geben, was dir hilft, das dich noch zuversichtlicher und froher macht. In jenes würde ich mich gern durch den Tod verwandeln, wenn ich nicht gebrochenermassen dein Freund sein kann.
Ein gebrochener Freund hat auch Vorteile, Janosch. Er ist anspruchslos. Er ist zwar leidend, aber er ist einfühlsam bis weit unter die Haut und er ist verschwiegen und er hat, wenn du daran glaubst, heilerische Fähigkeiten. Ich glaube nicht, dass ich dir unnütz bin. Aber ich bin mir selber lästig. Ich kämpfe täglich um meine Berechtigung. Ist das nötig, Janosch, wo du nur ein Wort sagen müsstest? Bald werde ich es wissen. Noch leide ich an deiner Fahrtrichtung, weil sie dich von mir fortführt. Aber bald kommst du zurück. Und ich hoffe, dass nach wenigen weiteren Missverständnissen und Aufschüben endlich etwas klar wird.
Lieber Janosch
Ich sehe dich manchmal wie in einem Film, und wenn ich von dir ungute Gefühle wahrnehme, möchte ich einbrechen und dich herausholen. Ich glaube, ich werde invasiv. Und manchmal bin ich in einem Film und habe ungute Gefühle und wünschte, du nähmst mich fort auf eine Zeitinsel. Wir ziehen aneinander vorbei, es ist wunderbar dich zu sehen, und manchmal ergeben sich unmissverständliche Begegnungen.
Ich hab es nicht geschafft, Kamerad. Ich konnte dir was ich mir vorgenommen hatte, nicht mitteilen. Offenbar zog der Film in eine andere Erzählrichtung. Ich will mich nicht herausreden, es war mir einfach nicht möglich. Ich hätte mich betrogen, wenn ich es willensmässig durchgesetzt hätte. Aber nun lastet das nicht erbrachte Geständnis nach. Die Gefühle nehmen nicht ab. Ich werde richtiggehend durchmassiert auf deinen kleinen Namen hin. Ich halte beständig nach dir Ausschau, schon vor und auch nach unseren Auftritten auf dem Filmset. Ich gehe den Szenen nach zu jeder Zeit, wo immer ich mich bewege. Und so unwahrscheinlich es ist, dass sich mein Wunsch einer gemeinsamen Gestaltung erfüllt, umso konkreter formen sich die praktischen Vorstellungen dazu aus. Hast du mein Gebet gelesen? Ich bete nun ganz heiss, dass du beginnst mich zu suchen. Ich habe eine Meldung für dich parat, aber du wirst sie nur verstehen können, wenn du es willst.
Ich fühlte mich defensiv beim Gespräch, das eigentlich mein Geständnis hätte beinhalten sollen. Du hast deine Anschauungen der Dinge, und du neigst zu durchaus intelligenten schwarz/weiss Überzeugungen, die ich aus meiner Position heraus gerne aufweichen würde. Lohnt es sich Kinder zu haben, damit man vielleicht im Pflegeheim einmal besucht wird? Ich weiss, du meintest das nicht so, denn du lebst wunderschön. Aber auch meine Position hat seine Gültigkeit, so fremd sie dir erscheinen mag, und von mir aus auch so tragisch sie ist. Du lebst besser und hoffentlich stirbst du auch besser als ich, obwohl ich sehr gerne schön sterben würde. Dennoch finde ich, du solltest mich kennenlernen und dich mit meinen Auffassungen auseinandersetzen. Denn kennst du schon alles, was du bist, und weißt du, welch hohen Wert deine Geläufigkeiten bei mir haben? Suche mich, Janosch, denn ich trage dein Lichtlein in meinem düsteren Herz, welches du so hell machst, dass es knarrt. Du weckst in mir einen Wunsch, der für niemand anderen offen ist, momentan.

Samstag, 13. Oktober 2007

Lieber Janosch
Wie geht es dir, kleiner Mann? Du hast schon viele Tote gesehen, nicht wahr, und scheinst so munter. Ich bin die Art Mensch, die sich über so etwas Sorgen macht und sich gleich darüber wieder Sorgen macht. Ich taufe mich um, ich heisse ab nun „Nik Macht Sich Sorgen“. „Nik Macht Sich Sorgen“ so, als ob ich keine hätte. Aber da kannst du nichts dafür. Im Gegenteil: Du entlastest mich, wo du kannst, und ich werde dadurch noch schwerer. Darf ich bitte auch einmal dich entlasten? „Ja gerne“, sagst du, „wenn du das kannst. Du musst aber nicht. Ich bin der Held und du die Prinzessin.“ Schöne Prinzessin. Warum suchen sich Helden unzufriedene Hühner? Damit sie das Unmögliche versuchen dürfen? Du versuchst das Unmögliche an mir, Janosch, und ich bin auf jeden Fall unzufrieden. Nennt man das Charakter? Ich bin verzaubert, Janosch. Kannst du ent-zaubern? Denn scheinbar bin ich unglücklich, wenn du das nicht rund um die Uhr versuchst. Was gewinnst du aber, wenn du’s vermagst? Du siehst, ich beisse mir selber in den Schwanz. Aber ich finde keinen Ersatz; für dich, meine ich. Ich versuche meinen Geist zu lenken durch eine Bilderwelt von Vorstellungen, wo ich Glück und Ruhe finde; wo ich entzaubert bin und als fairer, hilfreicher Mensch lebe, und dein Gesicht schiebt sich immer vor diese Bilder. So sehr hab ich meiner Animussuche verschrieben, dass ich abhängig geworden bin vom Prozess, meine Liebe zu projizieren. Du bist mein Opfer, du bist mein vordringlichster Täter, denn deine Zeichen und Zuwendungen sind bei weitem die wirkungsvollsten im ganzen Umkreis. Bin ich matt oder sind wir patt? Du liebst mich nicht, Janosch, nicht wahr? Doch, du liebst alle, du liebevoller Mensch, aber du liebst mich nicht mehr als dir lieb ist, denn du bist vernünftig, klug, lebst gern umsichtig und gesund.
In unserer Zeit und Kultur wird die Konsequenz von Folgendem als bedauerlich hingestellt: Ich rapportiere jedes Detail, das mich kümmert, Gott, der die vollkommne Liebe ist. Das löst meine Banden gewissermassen von dir, Kleiner. Aber sogar Gott lebt gerne gesund und schickt mich immer wieder zu mir nach hause: Ich soll mir selber etwas einfallen lassen. Und weil ich keinen Fernseher habe, tanze ich. Das ist gut für die Bandscheiben. Hier finde ich die Aufmerksamkeit wieder. Musik ist wie ein wirklicher Traum. Ich bin jemand, man mag mich. Hier stört mich nicht, dass der Schachtdeckel meiner Seele fort ist, hier fliesst frisches Wasser durch den Kanal und löscht den Sod. Alles ist wunderbar erträglich, mit jedem Takt erforsche ich den Tanzboden über den Wolken, wo ich dich sehe.
Wer tanzt mit mir? Wer möchte die Zeit vergessen? Wer möchte sich erinnern an die Gegenwart? Wer hat Schwierigkeiten mit dem Unmittelbaren? Wer kann sich schlecht auf konkrete Situationen beziehen? Wen mutet die „Wahrheit“ auszusprechen unverantwortlich an? Egal, ich habe einem Tanzbären im Internet gemailt, dass ich ihn suche. Er ist 168cm, kräftig behaart und hat einen Kronprinzen zum Freund. Also optimale Bedinungen. Janosch, dein Lächeln, diese verschmitzte Zahnstellung mit den kleinen Abständen, die leuchtenden, manchmal wie meine gespenstigen Augen (wenigsten kommen die Geister auch zu dir – du zeigst ihnen schon den Ausgang!), all dem die Vehemenz der Unlebbarkeit zu nehmen, ermuntert mich, weitere Risiken auf mich zu nehmen. Ich glaube, dass ich einen Tanzbären finde. Dieser Satz gehört in mein Credo. Ich finde das realistisch. Ich werde so lange 5 Rhythmen Anlässe besuchen, bis die Satzzeichen, die ich körpersprachlich setze, Repliken erhalten. Wie halte ich dich, pelziger Tanzbär? An der Schulter oder an der Hüfte? Wie wirken Berühungen nicht plump bezogen auf die Bewegungsabfolge? Was ist technisch anders, wenn Mann zu zweit ist? Potenziert sich zu zwei die Vielfalt möglicher Tanzfiguren? Gibt es hier auch schwerwiegende Missverständnisee und wie überkommt Mann sie? Endlich stell ich wieder ein paar exsitenzielle Fragen, die nicht deinen Namen tragen, Kleiner. Denn du tanzst wohl nicht. Das würde mich zu sehr wundern. In vielem bist du arg hetero. Dir geht es mehr um Inhalte denn um Form. Du bist ein Mittelpunkt und alles, was dich stärkt, zieht dich an. Du willst Gewichte tragen nicht unbedingt mit ihnen jonglieren. Aber du singst. Du singst eine sichere Linie und ich fiel jedesmal aus der Melodie, als du in mein Klavierspiel einstimmtest. Du tratest nahe an mich heran und sagtest mit deinem Akzent, ich hätte einen Fan, weil jemand von den Zuhörenden mitklatschte. Aber ich schere mich nicht um Fans, kleiner Sänger. Ich schere mich um niemanden, und das verteilt mein Interesse so schlecht. Aber du siehst, ich bete, dass ich es nicht zu sehr allein auf dich abstelle, und es trägt Früchte. Ich finde meinen Tanzbär. UND: Bald werde ich dir sagen, dass ich mich hier so tiefgreifend mit dir beschäftige. Ich möchte nicht alt werden; ich möchte mutiger werden im Kampf um die Sterblichkeit.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Lieber Janosch
Danke. Das will ich dir nicht vergessen, wie du mich nach 17 Tagen „Fernweh“ wieder begrüsst hast. Du zeigtest mir ungefähr die Fröhlichkeit eines Fünfjährigen, der seinen Papa wieder hat; nein, der Geburtstag hat, seinen eigenen, ganz für sich! Der liebe Gott gönnte mir, dass ich mich in einem Hoch befand. So vermochte ich die Freude anzufeuern und hoch in die Luft zu schlagen. Was für ein Fest, wenn die Herzen wehen mit brennenden Flaggen.
Ich verstehe schon, was in mir vorgeht, kleiner Held. Ich bin addictable für den Schein, der aus der Seele eines starken Mannes leuchtet. Und offenbar hast du Risse in deinem Gestein, gepanzerter Soldat, dass dieses Licht so hell aus dir heraustreten kann. Vielleicht haben wir analoge Wunden, dass es dermassen zwischen uns korrespondiert? Ich muss einen Umgang finden mit meiner Sucht. Ich darf nicht meinen, dass alles – Fluch und Segen – von deinen Reaktionen abhängt als wären wir Mutter und Kind, und vor allem sollen sich nicht unzählige geheime Erwartungen von meiner Seite her dazwischendrängen. Bald seh ich dich wieder. Wie lerne ich, dass das nicht ein und alles ist? Wie verbiete ich mir die Absicht, wieder zu der gleichen Intensität im Kontakt mit dir vorzustossen? Ach wo, ich lasse die Impulse zu! 17 Tage hatte ich ausgeharrt, und die Abwesenheit deines hellen Scheins stellte mir dich ins falsche Licht, nämlich in die Dunkelheit vieler Zweifel. Nun will ich mich einfach freuen und berühren lassen. So viel ist unausgesprochen im Gedanken an dich. Aber wenn du da bist, gibt es keine Geheimnisse mehr. Ich werde mir deine Hände anschauen, die hellen kurzen Haare auf deinem Unterarm; ich gehe in deinem Gesicht spazieren, während du redest, und der Kreis wird – fast – geschlossen sein. Ich will ihn gar nicht vollends schliessen. Die Öffnung darf ruhig bleiben.
Wieder hab ich etwas Schönes von dir erfahren, ganz beiläufig. Dass du Vögel gerne magst. Und dass, wenn man dein Herz in Paris aussetzt, dessen Flügel dich gezielt und schnell nach hause tragen. Genau das meine ich mit der Seele des starken Mannes. Du hast eine Seele voller Sehnsucht nach zuhause. Und du hast ein schönes, ein eigenes Zuhause und dennoch ziehst du in die Ferne.
Es geht nicht um ein praktisches Uns Zwei, nicht wahr? Es geht, so wie ich Gott von meiner Seite her gedacht verstehe, nur einfach um die Berührung und die Erkenntnis, die darin liegt. Es geht um das kairologische (=erlösende) Moment. Du vermagst haarscharf meine fröhliche Kindseite zu reizen, und du wirst das noch 10000mal tun. Wieviel davon beabsichtigst du? Aber 10000 Male bist du dann wieder für Stunden und Tage fort. 10000 Mal kann ich mich dann wieder auf dich freuen. Du spürst auch mein Licht, nicht wahr? Nie haben wir darüber gesprochen. Doch, gestern sagtest du indirekt, dass wir harmonieren möchten. Ich konnte dich darauf hin nur glücklich ansehen, ohne irgendeine Träne im Gesicht. Ich vermochte auch nicht nachzudoppeln, aber irgendwann werde ich wohl einhaken. Gewollt oder ungewollt, mich drängt diese Bewusstmachung. Es dünkt mich naiv, nonverbal zu kommunizieren. Gestern fragtest du mich auch, wie es mir geht. Und ich war immerhin ehrlich genug um durchscheinen zu lassen, dass mit mir nicht alles in Ordnung ist. Ich will dich nicht belügen. Mein Vater hat stets vorausgesetzt, dass es einem gut geht. Und seine Wirkung war nachhaltig suggestiv. Es brauchte herkulanische Arbeit um mit der bösen Wahrheit vor ihm herauszurücken. Ich unternahm diese Anstrengung ungefähr dreimal, aber mein Vater kehrte immer zur alten Ausgangslage zurück. Und zwei Gesichter begannen sich in mir abzuzeichnen, zwei sehr kontrastierende Gesichter. Schon länger schaut es so aus, als wäre meine Vater-Beziehung von beiden Seiten her zerschlagen. Dabei müsste er meine Geschichte mit ihm kennen; er müsste wissen, dass diese Geschichte mit der Liebe begann.
Du selber antwortetest mit einer unvergleichlichen Gebärde, dass es dir gut geht. Diese Gebärde verstand ich im Sinn von: „Ich will ja schliesslich, dass es mir gut geht und ich setze mich erfolgreich dafür ein.“ Ja, Kleiner. Irgendwie scheinst du vieles richtig verstanden zu haben. Du bist weniger in Fehler eingepackt. Deshalb möchte ich so gern, dass du mir weiterhilfst.
Du spürst mein Licht und du bist dafür unvergleichlich empfindsam. Es bedeutet dir etwas zu wissen, dass sich hier eine fremde Intelligenz bewusst und tief mit dir im hoffenden Sinn auseinandersetzt. Ja, ich möchte, dass mein Licht dich immer bescheint. Du scheinst mit so wenig zufrieden. Du willst sonst nichts von mir. Du weißt, dass das Wesentliche darin enthalten ist und dass es nur frei, ohne Gewähr und Garantie geschenkt werden kann. Ich aber bin ein bisschen süchtig nach dir, Janosch. Leg mir deine Hände auf und heile mich von dieser Sucht. Irgendwann will ich dir sagen, was mit mir los ist. Und dann hoffe ich, dass sich Gottes Stärke in meiner Schwachheit offenbart?

Dienstag, 9. Oktober 2007

Mama oder "The only love they'll find is Paradise" (Seal)

Manchmal überkommen einen die Gedanken.
Dein Schicksal übersteigt mich, Mama. Als Kind habe ich es persönlich empfunden, wenn sich dramatisch äusserte oder du apathisch stillschwiegst, wenn dich das Leiden überschattet hat. Eigentlich hatte das Leiden dann dich und nicht mich gemeint. Aber versteht ein Kind diesen Unterschied? Heute versteh ich deine Aussage von damals, als ich in der Primarschule meine Familie beschreiben und unter anderem ihre Hobbies nennen musste: „Schlafen“, hast du geantwortet. Ich schrieb es hin, empfand es aber als Beleidigung. An der Oberfläche meinte ich, du hättest keine Lust, für meinen Aufsatz zu kooperieren. Weiter unten machte ich mir wohl Sorgen, dass die Ursache für dein „Hobby“ tiefer lag. Wenn mich heute mein Kind interviewen würde, mit welchem Alter ich zu sterben wünschte, wenn ich die Wahl hätte, würde ich dann mein aktuelles Lebensjahr nennen, wenn mich gerade das Leid wieder heimsucht? Es vermag wohl kein Elternteil je durchgängig pädagogisch hilfreich zu wirken. Manchmal ist die „Wahrheit“ stärker. Was ist die Wahrheit über dich, Mama?
Inwieweit, Dr.Prank, ist psychisches Leid kurierbar? Worin besteht es überhaupt? Sie würden Ihrem therapeutischen Berufscodex gemäss antworten: Ja, es ist kurierbar und es besteht aus einer Fehlprägung. Sie sind in meinem Fall noch nicht erfolgreich, vielleicht weil ich Ihre Überzeugung anhand meiner Erfahrungen nicht teile; jedenfalls werde ich immer wieder, häufig und an meiner Sensibilität gemessen, viel zu massiv angefallen. Die Angriffe erscheinen mir wie Attentate; ich erkenne kaum Erspriessliches darin. Lediglich Alarm. Sie, Dr.Prank, sind einer meiner Crew, die mich wiederherrichtet. Zeitweilig betrachte ich meine gesamte Lebensführung als solche Crew. Auch dich, Janosch, instrumentalisiere ich für meine Abwehr gegen die Anschläge.
Dir, Mama Beatrice, bin ich kürzlich wieder begegnet. Du hattest keine deiner Wutexplosionen, und du wirktest fragil und durchgeschüttelt. So viel mehr und so viel heftigere Angriffe hast du schon überlebt. Was wurde schon von deinen Träumen weggesprengt, was steht noch von dem Bunker, in welchen du dich flüchten wolltest, wenn es ganz arg kommt? Lebst du nur mehr noch von Luft?
Du weitest meinen Glauben, Mama. Du pushst ihn jenseits jeder Axiome einer moralischen Gerechtigkeit, welcher auch der neue Churer Bischof weiter Vorschub leistet und Menschen in Not wie mich damit nur abschrecken kann. Jesus hat alle menschlichen Ideale, nicht nur die Gerechtigkeit an sich demonstriert, nein sogar vor Zuwendung und Liebe hat er nicht Halt gemacht durch seine Verurteilung und Hinrichtung. Du bist nicht unschuldig wie Jesus, Mama, aber auch du wirst nicht für deine Fehler hingerichtet; du erleidest das Leben jenseits jeder Hoffnung und freudiger Erwartung. Wie irreführend spricht die Natur das Gleichnis eines unverdorbenen Samens: Man wächst, man blüht, man wird gross und stark und überdauert. Was aber gilt für uns, wo von Anfang an der Wurm drin war? Was geschieht mit unserer Anstrengung, mit unserer Disziplin, mit unserer Hoffnung? Sie wird durch erschreckende Tatsachen belehrt in einer langen Lektionsreihe, indem jede aufbauende Erkenntnis widerlegt wird. Nicht in der Therorie zwar, aber in der Praxis: „Was in 100 Fällen hilfreich ist, wird in dir nicht greifen. Es fällt wie in einen hohlen Schacht.“
Ich beobachte es an meinem gesunden Lebensstil. Niemand kann mir einen ernsten Vorwurf machen. Ich ziehe alle Register. Du hast weniger gesund gelebt. Jetzt aufs Alter eher. Du übst mehr Schonung. Aber du bekommst kaum, was angeblich hilft: Eine wohlwollende Beobachtung oder nur schon Beachtung. Du hast einen wunderbaren Mann, aber er hat dein Schicksal unterschätzt und er trägt selber an den schweren Folgen. Ist das eine christliche Geschichte, die ich hier erzähle? Ja, es hätte noch schlimmer werden können. Wir sind alle erhalten geblieben mit allen Verlusten und wir beurteilen einander längst nicht mehr nach Verdiensten. Uns ist allen in die Knochen geschrieben, dass der Tod ein ungeheures Erlebnis sein muss.
Ich weiss nicht wie es weiter geht. Wenn Kinder mit Bauklötzen spielen, die wieder zusammenfallen, dann scheint das Unternehmen vergnüglich, denn sie werden wachsen und in ein paar Jahren Baupläne umsetzen, ob welchen Erdbebenopfern das Zittern ergreift. Was aber wenn die Kinder erwachsen sind, und man sieht, dass mit ihnen etwas nicht stimmt?
Du hast vier Kinder gross gezogen und du tat’s es unter deinen Bedingungen erstaunenswert. Alles lief vorbildlich; du fördertest jeden von uns über die Massen und mit grossem Einsatz. Alles stimmte nur der Erbcode, die Beziehungsmuster und die Konfliktbewältigung nicht. Es scheint zur Brutalität der natürlichen Ordnung zu gehören, dass ausgerechnet das massgeblich sein soll? Ich jedenfalls will in meinen Sackgassen nicht weiter experimentieren und muss nur einen Ausweg aus meiner Liebessehnsucht finden. Realistisch betrachtet ist sie bezogen auf ein menschliches Gegenüber chancenlos. Die Namensreihe hehrer Männer wird sich weiter fortziehen, bis ich aus dem Traum erwache? Wie lange hab ich versucht mich mit Erkenntnislehren über das Glück aufzumuntern, aber ich trage zu einer erlösteren Welt nichts eigenes nur fremde Beobachtungen von gesunden oder sterbenden Menschen bei.
Sag, Mama, bin ich fair oder hab ich etwas unterschlagen? Hab ich etwas nicht beachtet, was für dich hoffnungsvoll und lohnenswert erscheint? Betrachte ich es lieblos, wenn ich dich als ein Opfer von Explosionen sehe, von denen die ersten dich schon früh destabilisiert haben in Hinblick auf ein menschliches Glück? Vergeblich bautest du daran. Immer waren Sprengsätze darunter. Ich kann mich selber nicht entschärfen trotz unzähligen Versuchsmethoden. Ich glaube diese Macht war in dir noch stärker. Ich glaube, dein Schmerz ist schlicht unermesslich. Und nie tut er mehr weh als ihn untrüglich in der eigenen Mama zu erkennen. Aber du hast früh verlangt, dass ich diese Wahrnehmung unterdrücke. Ich konnte mir schon ganz früh deinen Tod vorstellen als das grosse Etwas, das dir etwas zu geben vermochte gegen dein Leiden. Ich wollte dir zum Leben helfen aber du wusstest, das war der grösste Unsinn und du triebst mir diese Idee mit einer würdevollen Kälte aus. Du wolltest immer, dass ich mein eigenes Glück schmiede, statt dein Unglück zu reparieren mit heuchlerischem Selbstmitleid. Aber ich glaube, es war bereits zu spät. Ich revidiere jede Woche meine neuen Absichten, weil die alten zwar lauter waren, aber vernichtet wurden. Sehe ich das richtig? Ich meine, jetzt wo wir uns unterhalten könnten? Ich habe wie du keine Erwartung. Auch ich bin kalt und kann ohne dich sterben. Aber einen Retter wünsche ich dir, der dich, und wenn’s nur subjektiv ist, in manch seltenen Momenten fröhlich, nicht einmal zuversichtlich, aber selbstvergessen sein lässt.

Samstag, 8. September 2007

Lieber Janosch
Gestern ist mir aufgegangen: ich muss es dir am Montag sagen. Es war so befreiend, das zu denken. Wir hatten uns verpasst. Ich versuchte es locker zu nehmen, wie ich das häufig tue in solchen Situationen: als ein Gewinn an Unabhängigkeit. Aber ich bin unfrei dir gegenüber, und ich werde das aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch nach dem Bekenntnis am Montag sein. Der Auftrag erscheint mir heute morgen als lastender, undankbarer Job. Auch für dich, Kleiner. Dir wird, im Gegensatz zu mir, unerwartet und unvorbereitet etwas Schwieriges eröffnet. Wie würde ich reagieren, wenn mir irgendeine mit etwas Ähnlichem aufwarten würde? Das ist per Zufall gerade kürzlich geschehen. Ich war mit drei Kolleginnen zusammen, wovon ich eine nicht kannte. Diese wurde mir von einer anderen als Heiratskandidatin vermittelt; resp. ich wurde ihr „empfohlen“. Es war für mich sehr peinlich. Ich nahm es mit Humor, aber ich fühlte mich nicht wohl. Wie wirst du dich fühlen vor mir, Feuerwehrdrache? Ich würde dich gern beobachten, aber fairer wäre es wohl dich allein zu lassen mit der Art und Weise, wie du reagieren möchtest? Ich würde gerne locker sein dabei und selbstbewusst und mit einem gewissen Stolz, einer Würde, einer Unangreifbarkeit, welche dich davor schützt „falsch“ zu reagieren. Aber ich fühle mich sehr klein und fürchte, dich in diesem Moment im Stich zu lassen. Darf ich dir das zumuten?
Dann hab ich mir mit meiner schöpferischen Intelligenz vorgestellt, dass du das Geständnis, wenn auch nur teilweise, doch immerhin erwidern würdest. Und das war wunderschön: es hat mich den ganzen Abend vergnügt gestimmt! Du küsstest mich in meiner verwegenen Fantasie sogar auf den Mund auf meine Bitte hin. Eine Szene, die mich sonst nur schon als Kinobesucher überfordert. Aber die Vorstellung hatte einen gewaltigen Zauber.
Wenn ich vernünftig darüber nachdenke, wäre die Durchführung des Vorhabens eigentlich das Richtige. Es ist menschlisch, was ich empfinde und es ist ein eindeutiger Zuspruch. Und der Zuspruch ist nicht naiv. Im Gegensatz zu der Überrumpelung durch die Kolleginnen kennen wir uns schon ein wenig. Ich bin mir unschlüssig geworden, wie du mich siehst. Mag sein, dass ich schon einiges vereitelt und dir viele kleine Enttäuschungen beigebracht habe? Ich werde damit leben. There is life after Monday. Ob der Zeitpunkt stimmt? Das Horoskop für den Zeitpunkt unserer Begegnung ist sehr spannungsgeladen. Und Neptun ist exakt auf dem Nadir!
- Janosch, darf ich dir etwas Persönliches sagen? Du kennst bestimmt den Umstand, dass sich jemand unglücklich verliebt. Nun ist mir das mit dir geschehen.
Was wirst du darauf antworten, kleiner unglücklicher Feuerwehrdrache? Vielleicht ist das Feuer nun ganz aus und wir wechseln betupft das Thema. Vielleicht verbringe ich den Rest des Tages in dunkler Verworfenheit. Vielleicht ergibt sich ein Gespräch. Mann ist ja schöpferisch intelligent? Ich weiss nicht. Vielleicht schnürt es mir die Kehle zu. Vielleicht werden wir nie wieder darüber sprechen. Dann müsste ich die einzige Gelegenheit nutzen:
- Es ist nicht, weil du so tüchtig und so vorbildlich bist. Ich würde noch genauso empfinden, wenn du nachlässig wärst oder schusseliger. Was mich so hinreisst, ist deine Person. Dein Umgang, deine Zugewandtheit, deine Ausstrahlung. Und zwar ganz unabhängig von Leistung.
Und abschliessend muss ich diesen Blog hier erwähnen, der dich kaum interessieren wird. Aber die Geschichte muss für uns beide weitergehen. Für dich und für mich. Ich muss zum Coop.
Lieber Janosch
Die Episoden mit dir häufen sich. Aber du bist flink wie ein Fisch. Selbst wenn ich versuchen würde, dich zu greifen, wärst du schon im nächsten Wasser. Aber du kehrst immer wieder vor mein Auge, sorgst für Überraschungen und zauberst. Ich würde hier gern 1:1 wiedergeben, was sich durch dich ereignet. Ein Mann mit einem so drolligen Temperament. Ich trinke deine Gesten, deine Mimik, deine Stimme, deine Sprache, deine Sätze, deine Taten. Und ich gebe zu, ich möchte sie mir anbinden wie Karabinerhaken und mich dann das Matterhorn herunterlassen, langsam, und bei jedem Tritt an dich denken, denn dieser Gedanke scheint sicher und verlässlich, bis ich wieder auf dem Boden bin. Dein Nik

Montag, 20. August 2007

Lieber Janosch
Danke. Das will ich dir nicht vergessen, wie du mich nach 17 Tagen „Fernweh“ wieder begrüsst hast. Du zeigtest mir ungefähr die Fröhlichkeit eines Fünfjährigen, der seinen Papa wieder hat; nein, der Geburtstag hat, seinen eigenen, ganz für sich und Papa ist da! Der liebe Gott gönnte mir, dass ich mich in einem Hoch befand. So vermochte ich die Freude anzufeuern und hoch in die Luft zu schlagen. Was für ein Fest, wenn die Herzen wehen mit brennenden Flaggen.
Ich verstehe schon, was in mir vorgeht, kleiner Held. Ich bin addictable für den Schein, der aus der Seele eines starken Mannes leuchtet (drum hab ich ja ein Buch dazu geschrieben). Und offenbar hast du Risse in deinem Gestein, gepanzerter Soldat, dass dieses Licht so hell aus dir heraustreten kann. Vielleicht haben wir analoge Wunde, dass es mit mir dermassen korrespondiert? Ich muss einen Umgang finden mit meiner Sucht. Ich darf nicht meinen, dass alles – Fluch und Segen – von deinen Reaktionen abhängt wie zwischen Mutter und Kind und vor allem sollen sich nicht unzählige geheime Erwartungen dazwischendrängen. Bald seh ich dich wieder. Wie lerne ich, dass das nicht ein und alles ist? Wie verhindere ich, dass ich meine Absicht, wieder zu der gleichen Intensität im Kontakt mit dir vorzustossen? Ich will diesen Wunsch nicht weiter zurückdrängen. 17 Tage hatte ich ausgeharrt und die Abwesenheit deines hellen Scheins stellte dich mir ins falsche Licht, nämlich in die Dunkelheit. Nun will ich mich einfach freuen und berühren lassen. So viel ist unausgesprochen im Gedanken an dich. Aber wenn du da bist, gibt es keine Geheimnisse mehr. Ich werde mir deine Hände anschauen, die hellen kurzen Haare auf deinem Unterarm; ich gehe in deinem Gesicht spazieren, während du redest, und der Kreis wird – fast – geschlossen sein. Ich will ihn gar nicht vollends schliessen. Die Öffnung darf ruhig bleiben.
Wieder hab ich etwas Schönes von dir erfahren, ganz beiläufig. Dass du Vögel gerne magst. Und dass, wenn man dein Herz in Paris aussetzt, deren Flügel es gezielt und schnell nach hause trägt. Genau das meine ich mit der Seele des starken Mannes. Du hast eine Seele voller Sehnsucht nach zuhause. Und du hast ein schönes Zuhause und dennoch ziehst du in die Ferne.
Es geht nicht um ein praktisches Uns Zwei, nicht wahr? Es geht, so wie ich Gott von meiner Seite her gedacht verstehe, nur einfach um die Berührung und die Erkenntnis, die darin liegt. Es geht um das kairologische Moment. Du vermagst haarscharf meine fröhliche Kindseite zu reizen, und du wirst das noch 10000mal tun. Wieviel davon beabsichtigst du? Aber 10000 Male bist du dann wieder für Stunden und Tage fort. 10000 Mal kann ich mich dann wieder auf dich freuen. Du spürst auch mein Licht, nicht wahr? Nie haben wir darüber gesprochen. Doch, gestern sagtest du indirekt, dass wir harmonieren möchten. Ich konnte dich darauf hin nur glücklich ansehen, ohne irgendeine Träne im Gesicht. Ich vermochte auch nicht nachzudoppeln, aber irgendwann werde ich wohl einhaken. Gewollt oder ungewollt, mich drängt diese Bewusstmachung. Es dünkt mich naiv, nonverbal zu kommunizieren. Gestern fragtest du mich auch, wie es mir geht. Und ich war immerhin ehrlich genug um durchscheinen zu lassen, dass mit mir nicht alles in Ordnung ist. Ich will dich nicht belügen. Mein Vater hat stets vorausgesetzt, dass es einem gut geht. Und seine Wirkung war nachhaltig suggestiv. Es brauchte herkulanische Arbeit um mit der bösen Wahrheit vor ihm herauszurücken. Ich unternahm diese Anstrengung ungefähr dreimal, aber mein Vater kehrte immer zur alten Ausgangslage zurück. Und zwei Gesichter begannen sich in mir abzuzeichnen, zwei sehr kontrastierende Gesichter. Schon länger schaut es so aus, als wäre meine Vater-Beziehung von beiden Seiten her zerschlagen. Dabei müsste er meine Geschichte mit ihm kennen; er müsste wissen, dass diese Geschichte mit der Liebe begann.
Du selber antwortetest mit einer unvergleichlichen Gebärde, dass es dir gut geht. Diese Gebärde verstand ich im Sinn von: „Ich will ja schliesslich, dass es mir gut geht und ich setze mich erfolgreich dafür ein.“ Ja, Kleiner. Irgendwie scheinst du vieles richtig verstanden zu haben. Du bist weniger in Fehler eingepackt. Deshalb möchte ich so gern, dass du mir weiterhilfst.
Du spürst mein Licht und du bist dafür unvergleichlich empfindsam. Es bedeutet dir etwas zu wissen, dass sich hier eine fremde Intelligenz bewusst und tief mit dir im hoffenden Sinn auseinandersetzt. Ja, ich möchte, dass mein Licht dich immer bescheint. Du scheinst mit so wenig zufrieden. Du willst sonst nichts von mir. Du weißt, dass das Wesentliche darin enthalten ist und dass es nur frei, ohne Gewähr und Garantie geschenkt werden kann. Ich aber bin ein bisschen süchtig nach dir, Janosch. Leg mir deine Hände auf und heile mich von dieser Sucht. Irgendwann will ich dir sagen, was mit mir los ist. Und dann hoffe ich, dass sich Gottes Stärke in meiner Schwachheit offenbart.

Mittwoch, 25. Juli 2007

Lieber Janosch
Ich turtle hier eitel vor mich hin in diesem halbprivaten, öffentlichen Rahmen, dabei könntest du dir ohne weiteres vorstellen, falls du dieses lesen würdest, denn du weißt ja nichts von meinem Blog, wie sehr es mich drängt, dir wirklich einige Dinge mitzuteilen. Aber ich weiss, das wäre wieder einmal nicht klug. Wieviel Gelegenheiten der Alltag einem doch bietet, sich dumm hinzustellen. Dennoch droht mein Gefühlsstau zu überborden und selbst wenn ich belächelt werde von den paar wenigen, die dies hier lesen, so bin ich doch dankbar für diesen outlet, denn hier kann ich einiges regulieren, indem ich es geschehen mache im Sinn eines sprachlichen „Ereignisses“, was sonst einsam und isoliert in mir wüten würde. Denn es sind mächtige Pferde, die deinetwegen in mir aufstehen. Mancher Rennstallbesitzer würde neidisch, wenn er sie sehen könnte.
Was wollen dir meine Pferde sagen, Janosch? Wollen sie überhaupt reden und argumentieren oder einfach nur über Büsche und Hecken hinwegsetzen bis ein paar farbige Jockeys am Boden liegen und die Menge applaudiert? Und wenn jeder Galoppsprung eine Aussage beinhalten würde, wie kriegte man das Hufgetrampel in eine sinnvolle Reihe?
Du wirkst wie ein sehr vernünftiger Mensch. Du bist beherrscht, hältst dich zurück, aber du gibst deinem Temperament und deiner Kraft auch gebührend Ausdruck mit deinen Pausen, die oft einen sanften und doch deutlichen Widerstand bieten. Und zwar meines Erachtens stets berechtigterweise. Und bist nicht zuletzt dank automatischer Anwendung von Antistressregeln erfolgreich. Zu erfolgreich für mich, der ich auf dem Ersatzbank auf die nächst bessere Inkarnation warte. Du entwickelst dich mit Lichtgeschwindigkeit; ich schaue auf die Europakarte und sehe in allen Städten ein Licht angehen, wo du jemandem eine Freude machst. Du bist lebendiger Alternativstrom, Janosch. Und was bin ich? Lass mich dein Kurier sein. Lass mich Nachrichten verfassen, wer du bist und was du machst, wie es hier ja schon geschieht. Lass mich laufend berichten, was deiner Menschlichkeit jeden Tag aufs Neue in den Sinn kommt. Gewähr mir diese Rollenaufgabe, mit der ich dich vervollständigen kann, denn so positive Botschaften werden selten in einer menschlichen Person verbreitet, wie du es dir einfallen lässt. Ich finde es zum Beispiel rührend, dass du keinen Kaffee trinkst. Dabei ist es ja nicht so, dass du ihn nicht verträgst oder etwa doch? Ich weiss noch zu wenig über dich. Jedenfalls wirkst du in unserer überspannten und koffein-überdosierten Gesellschaft erstaunlich schadstofffrei und munter. Du rauchst zwar – leider für deine Lunge – aber ich meinte das im übertragenen Sinn.
Ich habe Herzflattern und du wirkst so seelenruhig. Nein, du bist zwar selber agitiert, aber du scheinst so kongruent mit deiner Person. Das ist’s, was mich aus der Fassung bringt. Ich laufe zumindest dreifach über mir selber und jeder der dreien ist gegenläufiger Ansicht, so dass keine Handlung oder Aussage meinerseits zufriedenstellend ist. Und alles, was du sagst und tust, ist wie aus einem Guss. Du machst das ohne jede Anstrengung und vollkommen natürlich und ich bastle an einer Harmonie, die von Anfang an gebrochen war. Durch mich spaltet sich das Licht. An mir lässt sich nicht Werden aber Vergehen beobachten und du siehst, wie die Sonne sinkt in mir und wie ich rührend aber vergeblich dagegen anfechte. Ich bin wie das Meer am Horizont, das dich den glühenden Sonnenball hochstemmen möchte. Aber du lässt dich nicht aufhalten und ziehst die Reise des Helden weiter über alle Kontinente. Nie kann ich dich fassen; mein Versuch ist unnötig, denn du hast deinen festen Platz im Zentrum. Ich spüre den Klimawechsel und ich bitte dich, Sonne, mich das Meer auszutrinken und meinen Durst zu löschen.
Du rührst mich, weil du keinen Kaffee trinkst und weil du so gut bist. Willensstärke, Fleiss, Ehrgeiz, Führungsqualität, Kondition, Sozialkompetenz; die ganze Litanei privilegierter Eigenschaften trifft auf dich zu. Aber mich rühren diese Eigenschaften nur in der seltenen Kombination mit deiner Nahbarkeit. Vom Zeitpunkt unserer ersten Sichtaufnahme warst du eine offene Blume und das ist das eigentliche, das mich erschreckt. Wie kann eine offene Blume derart stark sein! Du siehst meine verletzte Blüte und wie dadurch jeder Tag zum Wunder des Überlebens wird. Und du bist die offene Blume, die alle berührt in jeder Jahreszeit auf freiem Feld. Gibt es dich wirklich? Du erscheinst, wo ich über dich nachdenke, eher wie etwas Ausgedachtes aus mir selber. So gross ist mein Wunsch, uns näher zu bringen bei allem Qualitätsunterschied. Ich weiss, du bist ausser Konkurrenz, aber ich renne weiter. Mein Leben war von Anfang an eine Zielgerade und drüben hole ich alles nach. Drüben gibt mir Gott ein langes Interview und erzählt mir, wie es gekommen war und wäre, wenn ich weniger dahinneigend gelebt hätte. Und dann werde ich alles wieder vergessen und warte bis du Blume hier einkehrst. Ich werde die Paläste schmücken mit deinen Farben und Zeichen, so dass du dich gleich froh wiedererkennen wirst und gerne in der Ewigkeit lebst. Hier werde ich auch auf nichts mehr von dir neidisch sein, weil hier jeder Trug, jede Entfremdung und Angst ihre Maske abgibt.
Offene Blume, wer hat dich erdacht? Ist dir bewusst, dass du gegen die Regeln läufst und eigentlich so wenig existenzfähig wärst wie ich? Du duftest wie ein Krieger, bist aber eine Blume?! Kein Wunder bist du so umschwärmt. Wer mag nicht etwas Zartes in Kombination mit einer derartigen Geschlossenheit? Eine geschlossene Offenheit? Ein offenes Schloss? Eine moderne Vergangenheit? Du überbrückst tiefe Gräben, Janosch, mit deiner blossen Gegenwart. Du bindest dramatische Personen wie mich hoffnungsvoll an dich. Wer das Urmännliche sucht in seiner unverwässerten Form aber unter konsequentem Gewaltverzicht und zwar aus einem erlittenen Entschluss der Schonung heraus, der bleibt unweigerlich an dir hängen. Schmücke dich mit uns nach deinem Belieben, tapferer Mann. Du hast harte Zeiten durchgestanden unter Bedingungen rücksichtsloser Unmenschlichkeit und Profitdenken. Du wurdest aus einer 1:1 Million Wahrscheinlichkeit ausgewählt für den Schutz deiner Zartheit. Viele Engel haben sich um dich gruppiert auf den Schauplätzen deines Lebens, weil sie in dir einen Gefährten hatten. Aber es tut mir leid, wovon du schon Zeuge werden musstest. Ganz tief blau wurden deine Augen an den Grenzen menschlichen Mitgefühls. Egal wer dir deine Zweifel nimmt, du entfernst mir meine zeitweise restlos, bis sie durch meine Konstitution zurückkehren.
So viel bist du unterwegs. Ich denke an dich. Du befindest dich in einer Glückssträhne und ich passe nicht recht dazu. Von Anfang an war ich freundlich. Aber inzwischen fällt dein anfängliches Zutrauen in mich wie ein Anker. Er fällt noch immer ohne Grund. Hat er sich aufgelöst? Wieviele schwere Anker hast du, Blume? Er löst sich auf, er wird zum Seestern. Als solcher wandelt er in mir. Du hast ihn vergessen, aber ich spüre nur noch ihn: Alle Haie, Walfische und Tümmler sind neben ihm verblasst. Wohin führst du mich in deiner Vergessenheit?
Wünsche mir kraft deines Glücks Gelingen, Seestern. Solange ich scheitere werde ich alles an dich binden, denn jede Rettung geht nur entweder durch die Liebe oder den Verlust. Aber wenn ich dich auch verliere, wohin soll ich dann mit mir? Bitte geh nicht ein in das grosse Arsenal, den Eisenschrank, wo die teuersten Objekte vergammeln, weil sie mir Adieux sagten und ich sie wegsperrte. Bitte lass mich in deinem Leben als leise Stimme zu Wort kommen. Lass meine Eigentümlichkeit Verständnis finden über dich, weil du entgegen jeder Wahrscheinlichkeit dem Leben jenes abgewinnst, das sich meinem Gestaltungsdrang immer wieder entzieht: das Erbarmen des Allmächtigen. Dein Nik

Dienstag, 10. Juli 2007

Vers oder Prosa oder muss ich dich umdichten weil ich mich nicht ändern lasse?

Die wahre Wirklichkeit ist nach generellem Dafürhalten stets komplexer, als sie scheint. Du scheinst in meine Wirklichkeit. Du hast ein Fenster geöffnet und bist immer online. Ich sehe dich in allen Situationen wie Big Brother und bin gerührt von diesen Bildfolgen. Du bist wirklicher als Walt Disney. Mir ist als würde mich jeder der 101 Dalmatiner persönlich kennen, aber du sagst nichts zu mir. Nichts Absolutes meine ich wie, wie soll ich sagen: „Du darfst mir zuschauen, Nik. Bitte beobachte mich und werde real.“ Und ich würde erwidern: „Wie soll das gehen, Janosch, mein Freund? Wie soll ich jemals real werden, wenn ich dich sehe? Ich werde dadurch nur noch verträumter und suche einen Eingang in deine Schuhe, in deinen Alltag.“ Und schon wüsstest du mir nichts mehr zu entgegnen. Vielleicht würdest du denken: „Du musst dich von mir lösen, wenn du willst, dass alles gut geht.“ Aber das mache ich nicht.
Du bist mein Flieger und ich steige ohne Fallschirm nicht aus.
Du bist mein Fallschirm, aber ich springe ohne Schwimmweste nicht ab.
Du bist meine Schwimmweste, aber ich tauche ohne Taucheranzug nicht ein.
Du bist mein Taucheranzug aber ich schwimme ohne Harpune nicht los.
Du bist meine Harpune, aber ohne Haifisch feure ich dich nicht ab.
Du bist mein Hai, aber ohne Zähne mag ich dir nicht in die Flossen beissen.
Du bist meine Flossen, aber ohne Insel habe ich kein Ziel.
Und so geht die Geschichte ohne Ende weiter?!

Mittwoch, 4. Juli 2007

Kleiner? Ich bin traurig über mich wegen dir. Ich wünschte mir alles wäre noch viel eindeutiger zwischen uns, wobei es keine Zweifel gibt, dass mein Herz in Aufruhr ist. Du bist aufmerksam, in manchem Moment ätherisch medial in deiner Bezugnahme auf mich, aber ich hab dich zu kurz und wünschte, dass nur ich dich sehen kann, dass nur ich für dich zähle. Ich möchte mein Ego behalten, ich bin nicht dafür gemacht es abzuarbeiten, aber ich möchte dich als neues Ich. Geht das?
Meine Wechselbäder sind nur darauf zurückzuführen, dass es einmal so aussieht, als ob ich dich gewinnen könnte, ja schon dein bin und das nächste Mal gehörst du allen und der ganzen Welt, zu welcher ich mich nicht zähle. Warum bist du so beliebt, warum sind alle entzückt? Haben sie noch nie einen Feuerwehrdrachen gesehen? Bist du gesandt alles in Brand zu stecken wo Menschlichkeit und die Neigung zum Gutes Tun lodert? Und so brenne ich am meisten, weil ich so reumütig bin. So viel Gutes hätte ich tun können, wenn ich nicht entschuldigt worden wäre. Ich wäre ein goldener Kerl wie du geworden und jetzt stehst du da wie mein gelungenes Ebenbild. Du machst mich traurig, kleiner Glücksbote. Wie hast du an deinem Herz geschmiedet, dass es so schmuck wurde wie ein Ritterschild? Schenkst du es mir? Wagst du es, die Waffen deiner Vorteile abzulegen und ohne Missachtung auf die Entwicklung weniger günstiger Umstände zu blicken? Jahrelang habe ich gewartet, dass mich ein Strahl aus dem Himmel trifft und mich auf einen Schlag zum Ritter macht. Jahrelang hab ich den Irrtum des Wartens auf den automatischen Entwicklungssprung begangen und warnende Stimmen bestritt ich wie das Holocaust. Ich verstehe nun deinen Namen, Kleiner! So liebevoll hätte mir keiner sagen können, dass ich fehl tat, als mir dich zu zeigen. Hast du auch etwas verbrochen, Silberfuchs? Bist du hier in den Ferien? Möchtest du mich sühnen? Dann bitte schau mich an. Schau mich noch genauer an. Ich habe auch Goldstaub vom Schöpfer abbekommen. Heb ihn auf, heb ihn auf mit deinen zärtlichen Händen mit deinen klaren Wunschaugen. Grab ein bisschen unter dem Schutt. Ich hab dich nicht umsonst so lieb bekommen. Ich erkenne dich, und du kennst mich. Vor Jahrtausenden haben wir uns getrennt. Du bist die bessere Bahn gefahren, obwohl ich den Weg wählen durfte. Ich habe dich ins Paradies gewiesen und ging in die Unterwelt. Da kommt man nicht unbeschadet davon. Ich zahle Schulden für meine Verträge, dass ich entronnen bin. Ich brauche dich, Kleiner. Du kannst mich zurückschaukeln in den Segen. Ich kann werden fast wie du. An mir kannst du mehr vollbringen als im Dienst an tausend Königen. Bitte schmiede mich nach deiner Kunst, und du wirst jeden Tag einen Regenbogen sehen, wenn du aus dem Haus trittst. Denn dann lache ich jeden Tag von ganzem Herzen über meine Trauer wegen dir!
Wie geht es dir, Kleiner? Hältst du dich gut? Bist du nicht so ein kleines Windlichtlein wie ich? Gehen deine Werte nicht so schnell verloren in der Welt, in der Stadt? Übersetzt du alles hin auf deine Qualität: was am Fernsehen läuft, was du isst, wie sich die Menschen unterhalten? Du besserst mich, ohne dass ich arroganter werde. Aber du erinnerst mich daran, dass ich an meinen Freund – dich! - einen Beitrag leisten will, indem er mich kümmert, indem er auf mich wartet und auf mich hört. Und vor allem kann er sich an mir gestalten, weil ich schwach bin und glaube.
Ich werde mich an dich gewöhnen. Je häufiger ich dich sehe, umso mehr verliere ich meine Angst. Ich werde Haltung üben. Darüber, dass ich ein Geheimnis in mir trage, welches mich aufrichtet. Darüber, dass verborgene Schätze in mir wachsen. Ich bin nicht billig. Und selbst wenn ich dir nicht genüge, so wirst du dich freuen, wenn ich mit der Sonne aufgeh. Denn so bist du.

Montag, 2. Juli 2007

Kinderspiel

Liebe ist mein Programm; der freie, bestärkende Austausch von Emotion das erstrebenswerte Ziel. Aber sie kostet viel bei meinen Grundmustern und ich stelle die Tabufrage, ob sich die Überwindung, die Bewältigung ihre Umkehrungen lohnen. Die Liebe schlägt mich, sie ist wie ein Brief im Briefkasten, in welchem Kinder kleine Knallkörper entladen. Wie soll ich mich dir unter diesen Bedingungen erkenntlich zeigen, mein Freund?
Wie schön und schwer muss es sein Gott zu sein. Du kannst dem Geliebten auf Schritt und Tritt nachgehen. Du lernst ihn immer tiefer kennen. Du verwandelst dich mit ihm. Wie gerne würde ich dir nachgehen, Jan. Aber ich bin nicht Gott. Ich bin nicht frei von Eifersucht. Mein Geist und mein Bewusstsein über mich selbst sind zwiespältig. Ich würde nicht alles liebevoll betrachten. Es passt für mich besser Mensch zu sein. Meine Individualität ist meinem Geist entsprechend. Und als solche halte ich mich dir gegenüber zurück im Schatten und hege meine Liebe und mein Unglück aus meinem Versteck heraus. Es gibt die Aussicht, dass sich die Wogen glätten. Vielleicht ebbe ich aus wie die aufgerauhte See, die sich beruhigt. Vielleicht treffen wir uns in der Mitte, Janosch, ohne weitere Eklats. Vielleicht lasse ich dich leben und beschaue dich nur einfach dankbar. Vielleicht zeige ich dir einen Teil meiner Welt. Es braucht viel mich zu mögen, denn man macht es immer wider mich selbst. Ich setze eindeutige Signale, dass es stört. Auf einen Schritt vor setze ich mehrere zurück. Du weißt, dass ich dich mag, aber du hast auch gesehen, wie komisch ich bin. Und du weißt, dass ich diese Wahrheit auch nicht mag. Ich wäre gern erwachsen, aber ich bin ein seltsames Kind. Ich weiss gewisse Dinge zuverlässig ausführen, aber dahinter steht keine Person und kein Gesicht. Ich bin wie ein Spiegel, der Gesichtsteile einfangen will. Ich sehe dich, Janosch, aber ich spüre, dass das allein nicht genügt. Ich müsste zuerst mein Gesicht finden, aber ich suche etwas anderes. Sei nicht enttäuscht, denn ich bin selber traurig über meine Unfähigkeit. Bitte sei dir selber treu und lass in deiner Person, soweit ich ihr zu begegnen traue, mich ein Stück weit entstehen. Wie lange ist mein Weg alle Fehlkonzepte loszuwerden. Verkürz ihn mir mit deiner Naturbegabung. Es ist nicht einzig meine Schuld, dem Glück im Weg zu stehen. Auch ich bin entstanden aus einer langen Reihe. Meine Randposition wurde mir von langer Hand gewiesen. Und ich rebelliere. Ich schreie sinnlos wie ein Fussballtrainer. Ich sehe einen Star in der gegnerischen Mannschaft. Einen unscheinbaren Spieler, der den Ball hoch aus dem Stadion schiesst. Ich geh ihn holen und behalte - dich! Nik

Dienstag, 19. Juni 2007

Lieber Janosch
Mein Herz ist beinah vor Freude zersprungen, als ich dich wiedersah. Ich hätte meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass wir uns beide verliebt haben. Dieses seltene, gesuchte, orchestrale Ereignis hat uns ergriffen, das in manchen Menschenleben aufleuchtet wie ein Komet. Es war mir ein bisschen peinlich, dass ich so lichterloh brannte, aber ich setzte meine Unternehmen fort mit unvergleichlich grössrer Achtsamkeit und Zuwendung.
Nun ist das aber zwar die Vollendung, die Erleuchtung aber nicht die Crux der Sache, ansonsten gäbe es keine Dramatik um unsere Begegnung und kein Märchen, in welchem der Held oder der Narr das Böse besiegen muss. Unsere Story baut nämlich darauf auf, dass sich ein verletztes Herz in ein gesundes verliebt. Dein Herz hat ein zuhause, eine Heimat, eine Frau, ein kleines Kind, mein Herz hat einen besten Freund, aber weil es verletzt ist, sucht es unendlich weiter. Nun klopft es an deine Tür, und es mag sich froh und sorgefrei geben, es ist innerlich aufgeregt und will sich beweisen, dass die Sache schief läuft. Ich kann dabei nur zusehen, wie es sich an dich herantastet und jederzeit bereit ist, aus geringstem Anlass schwer zu straucheln. Es braucht nicht einmal zu straucheln, weil es verletzt ist, ist es nur schon vom Gehen wund.
Bitte, bitte, bitte hab Geduld mit mir. Dir wird noch manches sehr seltsam vorkommen, Janosch, was dir aus meiner Ecke begegnet in den kommenden Wochen und Monaten. Es ist ungemütlich, wo ich her komme und wie jeder bin ich ein Speicher meiner Erinnerung. Ich mag mich noch so fortbewegen wollen von meinen Irrtümern, manche davon sind so fundamental, dass sie mir bis unter die Maske treu geworden sind. Ich möchte davon träumen, wie du mich tröstest, während ich über mich weine. Dasselbe Herz, welches heute morgen vor Freude zersprungen ist, ist nun schon wieder schwer und traurig und einsam. Es würde so gern gesund werden, damit es keine willfährigen Streiche spielt. Wie gern wäre ich offen zu dir, Janosch, aber es geht nicht. Zu gross ist der Zwang das Unschöne und Leidvolle zu verdecken. Ich habe die Sehnsucht, dir ein klarer Spiegel zu sein um dir die Schönheit, welche für dich unsichtbar ist, zu zeigen, und das tu ich bereits, wenngleich diskontinuierlich. Aber mein See ist eine Räuberhöhle und ich hab die Schurken alle persönlich eingeladen. Es sind keine lieben, harmlose Schurken wie in kindergerechten Abenteuergeschichten. Es sind Schurken, die mich umzubringen versuchen und einige Bezirke haben sie bereits in Schutt und Asche gelegt.
Du quälst mich absichtslos, mein Freund. Ich sehe dich wie eine unstillbare Sehnsucht und meine Dämonen fangen an zu schreien, weil sie entsetzt sind über die Vorstellung, dass du sie austreibst. Ich fürchte mich vor dir. Ich habe Angst davor, dass ich deine Freude systematisch zerstören will, weil ich mit dieser Erfahrung so eng vertraut bin. Und ich bin doch voller überhöhter Erwartung und werde enttäuscht sein, wenn du mich nicht aus mir rauswirfst. Aber das kannst du weder können noch wollen, du hast andere Sorgen und Ziele. Und doch werden wir einander helfen, nicht wahr, denn du liebst mich wider jede besser Einsicht. Unsere Liebe ist ein schöner Kampf. Bitte stärke dich an mir. Überwältige die Angreifer aus meiner dunklen Seite.
Eine ganze Woche werde ich dich nun nicht sehen. Und ich ärgere mich, wenn es dir gut geht damit. Bitte vermisse mich. Vermisse mich ganz schwer. Denn es ist nicht gerecht, dass ich auch dich verliere, weil ich schon so vieles verloren habe. Dinge, die vor dem Tod unwiederbringlich sind, ausser es geht jemand für einen durch die Hölle. Gott beschütze dich, wenn du es wagst mir zu folgen.

Sonntag, 17. Juni 2007

Lieber Janosch
Du füllst meinen Solarplexus, du lieferst Kerosin auf meinen Flugplatz. Machst du süchtig? Bist du ein winner type? Kleine Zweifel schleichen sich ein ob deiner Beliebtheit und ob meiner Fremdheit. Ich schiebe sie weg. Ich will die Sicht auf dich unverstellt. Ich möchte sehen wie du bist, mitfiebern wie ein Tierfilmer, ich möchte meine Zuneigung von meinem Ego lösen, denn ich bin unsicher, was ich mir von dir wünsche.
Nehmen wir einmal an, du wolltest mir etwas Gutes tun, was würde ich dann beanspruchen? Deine sehr wohldosierte Aufmerksamkeit, mein Freund. Es ist nicht nötig, glaube ich, dass du mich verstehst. Ich bin zwar nachvollziehbar, aber brauchst du das tun? Dich soweit ins Labyrinth zu begeben? Wenn es für dich interessant wäre, warum nicht. Aber ich kann für nichts garantieren. Und was bin ich umgekehrt für dich zu tun bereit? Es hängt von deinen Wünschen ab. Ich würde dir auch oberflächliche Gefallen tun. Irgend etwas posten, von dem du nicht weisst, wie man es bei uns bekommt. Die sozialen Anliegen meiner Freunde bleiben bei mir oft unerfüllt; ich brauche meine Einkehr und lange vor dem Versuch einer Zweisamkeit wie Kaffee Trinken muss sich bereits ein beträchtliches Mass an Klarheit und Vertrauen zwischen uns eingestellt haben. Würde ich „bloss“ für einen „netten Kontakt“ herhalten? Ich hab den subjektiven Eindruck, dass bei dir tiefe Gefühle involviert sind. Aber wo ordnen sich diese auf der Wirklichkeitsebene? Meine Gebrochenheit ist mir nicht unwichtig geworden. Ich will nicht einfach strahlen, selbst wenn ich es vermöchte. Ich würde mir wünschen, dass du siehst, wie ein Riss durch meine Iris geht. Überall geht er durch mich. Ich bin ein Wunder, dass ich so leb. Ich glaube sogar, dass ich nur deshalb selber Wunder erkennen kann: dich. Du bist ein Wunder, Janosch. Wer hat das alles schon begriffen, so wie ich es tue? Bist du ein allgemein verständliches Wunder; ein „banales“ Wunder? Janosch, du beschäftigst mich sehr und detailliert, selbst wenn es eine einfache Erklärung für dich gäbe. Aber geb ich mich sonst mit Trivialitäten ab? Schnell ist mein Zweifel am Wert der „Dinge“ vor Ort, aber mein Solarplexus spricht selten so klar. Ist auch er ein täuschbarer Spiegel? Ich bin so gespannt, so aufgeregt deinetwegen. Wir stehen mitten in der Gegenwartsgeschichte. Was könnte daran trügen? Bin ich ein unverlässlicher Gefühlsmensch? Ja, aber verstehst du den „Trick“, wenn ich sage, dass ich gläubig bin? (Das hab ich dir bereits einmal geschrieben.) Es macht einen Unterschied: es macht aus einem HQ- ein HQ+. Das hab ich beim Psychologen gelernt. Magst du Mathematik? Ich sollte dich mehr über deine Vorlieben fragen, das ist unverfänglich. Ein Tierfilmer schaut auch, was die Flugaffen fressen. Also Schluss mit der Duselei: Sobald raus ist zwischen uns, dass ich dich mag, fang ich an, dir sehr direkt ganz banale Fragen zu stellen. Dann will ich dich in der Frage verwirren, was wirklich interessant ist. Wenn ich nicht ganz falsch sein will, stell ich deine Gutmütigkeit aufs Spiel. Vielleicht bist du auch noch angelin, wenn du ganz ernst gemeint zu mir sagst: „Nik, weißt du das: Du nervst!“
Lieber Janosch
Wie soll ich dir danken. Du hast nichts dafür, dass es dich gibt. Du hast dein Wesen nicht selber entworfen. Spiel Lehrer, setze einen Schüler ans Pult mit der Aufgabe, einen harmonischen Mann von innen her zu zeichnen. Er käme nicht auf dich. Aber ich mag dich nicht, weil du so abgerundet bist wie ein Juwel oder sagt man „geschliffen“. Ich mögte dich auch, wenn du im-perfekter und mir näher wärst; durcheinandergeworfener etwa oder gebrochener. Denn weißt du, kleiner Mann von meiner Grösse, ich komme mir näher. Ich bin nicht mehr so traurig, weil ich so wenig zustande bringe; ich schreib mir meine Versuche gut, dem Wesentlichen zum Durchbruch verhelfen zu wollen. Ich weiche dir nicht aus, ich leugne meine Schwäche nicht, ich setze mich für dich ein - meine Position dir gegenüber ist unzweideutig: Ich will dein Licht sehen, ich will, dass die Sonne über dir hergeht, ich will deine hervorragende Menschlichkeit von den Dächern künden, nicht damit du eine öffentliche Person wirst oder Ansehen oder Geld bekommst, sondern dass deine Bescheidenheit dich immer tiefer glücklich macht. Du brauchst wenig Zeit und Raum, vor allem sehr wenig Material und Ballast, damit du zufrieden bist. Und von alle dem, was du darüber noch nötig hast, geb ich dir nur eines, das allerkleinste, ein Senfkorn: den Glauben. Ich glaube an dich, lieber Nosch; ich rufe dich an, deinen Namen, im Gebet im Rhythmus von Sprechchören im Hallenstadion; lautlos aber deutlich, bis du zu mir kommst, bis ich zu dir gelange ohne ein Verlangen ohne unausgesprochene Erwartungen, nur um des wunderbaren Zufalls willen, dass unweit von mir dein Herz schlägt und ich dich sehe, einmal da, einmal dort, dich höre. Nicht einmal zu riechen brauch ich dich mit meiner Katzennase. Ich möchte deine Pfoten sehen, deine Aschenbecher aus einer feuchten Papierserviette. Und dann möchte ich mir innerlich gratulieren vor sichtbarer Freude (jeder der nicht blind ist sieht den Flughafen in meinem Bauch): Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft! Ich bin am rechten Ort. Hier ist der Herr zuhause! Danke, Janosch, dass ich so beherrscht bin und dir nicht um den Hals falle, dein Nik
Lieber Janosch
Du lächelst mich fortweg an. Ich zugegebenermassen auch dich. Aber ich habe meine Gründe dafür. (Was heisst Gründe? Du rufst das Lächeln hervor!)
Weisst du, was ich mit meinen Gedanken an dich mache, wenn du fort bist? Ich bete, dass dein Licht immer bleibt. Denn ich muss dir gestehen, dass ich schrecklich eifersüchtig auf dich bin. Warum bin ich nicht einfach stolz darauf, dass so viel Romantik in der Luft liegt? Alle um uns sind verwandelt. Also, ich danke dir für deinen hervorragenden und hingebungsvollen Dienst an den Menschen, den ich von ganz nahe beobachten kann. Dein Blick ist mein neuer Fokus, und da brennt es strahlend blau! Nik
Lieber Janosch
Mit was für inneren Botschaften schreitest du durch den Raum? Welches Bewusstsein über die eigene Identität hast du als öffentliche Person? Meines ist wie Schnittblumen; es welkt jeweils rasch und braucht regelmässigen Ersatz. Und du bist wie das Wasser, das meinen Duft länger am Leben hält, bevor ich modere. Wozu kann ich dir gut sein?
Du belohnst mein Wohlwollen, mein Freund. Ja, du überstrahlst es. Mein Wohlwollen stützt sich darauf ab, was an dir ist: du bist fleissig und kerngesund, du bist lernbereit und hochmotiviert, und du hast, und das steigert mein Wohlwollen insbesondere, ein intaktes menschliches Herz, das immer frisch durchblutet ist. Dieses frische Blut spricht aus dir eine besondere Sprache über deinen Blick, dein Gesicht und deine Hände; deine spürbare Zuwendung macht mich eifersüchtig, noch während sie mir zuvorkommt. Woher hast du sie? Sag nicht vom Mutterschoss oder von deiner Grossmutter oder gar über Generationen von Vorfahren hinweg, die dein Herz in sorgsamer Auswahl entwickelt haben. Ich weiss, dass das so ist, aber wer bin ich dann? Woher stammt meine Abwehr gegen das Natürliche, das andern geläufig ist? Wie vermag ich meine Löcher auszuhalten ohne mich reuig in sie hinabzuwerfen und zu erklären, wie unnütz jeder Versuch ist, meine bröckelnde Existenz abzusichern und für autonom zu erklären? Es ist herrlich, zuzusehen, wie schnell deine Beliebtheit wächst. Bald hast du alle erobert. Es kommt mir vor wie bei einem Materialtest: deine Substanz ist einfach die bessere, du bist bis ins Innerste durchwirkt; da sind keine faulen Stellen. Und ich bin froh, dass ich das nicht erst allmählich zu realisieren brauche, sondern das seit unserer ersten Begegnung wusste, wo wir uns in die Augen schauten und miteinander sprachen. Vielleicht ist das einer meiner Vorzüge als Gottsucher: weil wir ihn suchen, erkennen wir seinen Stoff sofort. Du bist ein Mensch, der andere gesund machen kann. Auch Menschen mit ganz komplizierten Verletzungen. Und zwar unter jedem Verzicht von high tech. Was gibt es Beglückenderes, Janosch? Und ohne ihn zu kennen hab ich auch deinen Schmerz gesehen. Ich sah Trauer und Verunsicherung in dir bei deinem ersten, flüchtigen Besuch und spürte deine Last von Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Gerade hierunter sind all deine Blumen gewachsen?
Janosch, ich kann über meine Intuition nicht sprechen. Nur alles Zweifelhafte und Unterbrochene äussert sich gegen meinen Wunsch; mit all meinen unnötigen Versuchen die eigene Haut zu retten, stelle ich mich unweigerlich verzerrt da. Immerhin weiss ich, was für Mechanismen ich unterworfen bin, ich koste meine hilflosen Momente und übe, wenn es geht, bescheiden Nachsicht. Wie du. Auch du bist sehr nachsichtig, Janosch, und sehr bescheiden. Und du bist glaubwürdiger als ich. Du etablierst dich unaufhaltsam, wie ein Delta, welches an der Flussmündung in den See hineinwächst, während ich meine unstete Performance durchziehe, welcher gegenüber man geteilter Meinung sein muss. Du kämpfst auf natürliche Art, weder aggressiv noch verbissen noch um etwas anderes zu kompensieren. Es ist unendlich beschaulich dir zuzusehen. Du bist so lehrreich wie ein biblisches Gleichnis. Ich gehe in dich und spüre: Du stellst mich erneut vor die Wahl zwischen unlauterem Wettbewerb und aufrichtigem Leben und ich entscheide mich dazu, dir den Vortritt zu geben! Nik

Bekanntmachung

- Es gibt hier eine neue Reihe, die „Lieber Janosch-Reihe“.
- Nik mag dazu nicht viel sagen, höchstens „Entschuldigung für den Rhythmuswechsel“.
- Bei allmöglichen Einwänden: Es muss sein; er kann wieder mal nicht anders.
- Was für einer ist Nik denn?!
- Einer, der was bitte nicht besser versteht (also unverbesserlich ist)? Gibt’s für sowas Gratis-Tipps?
- Nehmt also bitte, was kommt und lasst euch nicht abhalten.
- Wovon?, zu was?: Fragen über Fragen!
- Ich bin doch schon gerettet.
- Ist ja egal.

Samstag, 2. Juni 2007

You're on the uprise?

Wieso sollte ich hier nichts Zuversichtliches publizieren? Ich teile nicht DJ Bobos mutmassliche Ansicht, dass die Hölle interessanter als der Himmel ist. Im Gegenteil. Feuer und Russ ist nicht mein Ambiente. Ich mag lieber hellere Räume, ich bin ein Lichtfanatiker wie andere Theaterfreunde auch: mein Herz fiebert mit dem beleuchteten Bereich; hier teile ich mein Interesse, drauf zoom ich ein. Darkrooms und jede Absicht ungesehen zu machen: da soll sich aufhalten, wer da wirklich glücklich sein kann!
„Es geht mir gut“ zu sagen, ist dennoch immer ein kleines Risiko für mich Fein-Skalierten. Wenn ich das tue klopft immer das Verkehrsteufelchen, frustrierte Parasiten oder Ähnliches von innen an meine Brust und sagt: „He, ich bin im Fall immer noch unzufrieden“, und schon bin ich wieder ein bisschen enttäuscht und wütend über mein Personal. Ich halte eine Träne zurück, die schluchzt: „Ich hab doch schon so viel getan für euresgleichen.“ Arbeite ich also doch der falschen Partei in die Hand? Aber ich will da nicht ständig mehr unterscheiden. In gewissen Bezirken zumindest nicht. Den Himmel werde ich wohl zeitlebens dem makabren Gegenort vorziehen, der in Wohlstandsgesellschaften so en vogue ist – ich bin halt ein Softy und schwimme gern sportlich gegen den Strom. Und soll mal eineR in Slums predigen, wie „cool“ die Hölle ist. Der wird doch prompt ausgeboht im Sinn von: „Das wissen wir hier längst alle“. Ja, eine überzeugende Botschaft rüberzubringen, die wirklich neu ist, ist gar nicht mal so leicht.
Trotzdem geht es mir manchmal nicht schlecht. So vorsichtig drücke ich mich aus auf dem Catwalk zwischen beiden Welten. Wenn mich nur keiner runter schubst oder ich auf einmal den Einfall habe selber zu federn und abzuspringen! Ich muss mich also sehr auf meine Schritte konzentrieren, und wirke ein bisschen verkrampft und ganz leicht paranoid. Meine Lacher gelingen beispielsweise meist auch bloss ansatzweise. Was heisst „bloss“: immerhin!
Dr. Prank, hier inzwischen bekannt, hat kürzlich zu meiner Entwicklung eine einfache Skizze angefertigt: Ein schnurgerader Pfeil von der linken unteren zur rechten oberen Ecke. Das sind Sie, kommentierte er. Es geht rasant bergauf. „Rasant bergauf“, ich finde den Optimismus meines Therapeuten einfach paradox. Aber ich bin ja psychologisch selber genug belesen, um zu sehen, dass er hier mit einer „hilfreichen Fantasie“ operiert. Und Sie sind jetzt hier, sagt er und zeichnet ein Quadrat in der Mitte des Pfeiles. Wahrscheinlich ist er doch Schütze und nicht Jungfrau, denke ich, denn die Grafik sieht nun wie das astrologische Schützezeichen aus. Dieses Quadrat ist der nachhaltige Komplex, der Sie belastet, Ihre Energie- und Spassbremse, so Prank, etwas verfälscht durch meinen Wortlaut wiedergegeben. Und die Kräfte des Unbewussten sind ziemlich zäh. Er ist immerhin ein Optimist mit Realitätsbezug, denke ich ernüchtert. Ist dieses Unbewusste denn die Hölle? Worum sollte ich hier noch mehr Bühnenlicht hineintragen, wenn doch schon alles brennt unter den kanibalen Kochtöpfen? Aber dein liebendes Auge, Gott, schau sich bitte noch ein wenig um, ja? So vieles bietet sich in mir an zur Erlösung und Verwandlung. Vielleicht bin ich manchmal auch zuversichtlich, weil ich mir vorstelle, dass sich dein liebendes Auge wirklich umschaut in meinem Unbewussten. Nein, ich weiss, das Unbewusste ist nicht die Hölle, es ist bloss vor-zivilisatorisch. Nicht unbewusst ist mir, dass ich manchmal gern rauhbeiniger leben würde wie ein bart-brüstiger Pirat, den alle fürchten und ehren. Aber bitte nicht wie Johnny Depp – heisst der privat auch so? Kann Mann damit Erfolg haben? Ja, ganz offensichtlich! In einem andern Film war er angeblich sogar Modeaffe! Soll mir ein Kinogänger einmal erklären, weswegen eineR dafür kostbare Zeit und Geld investiert.
Ich merke, ich möchte mein Geheimnis nicht ausplaudern. Ich hab einen Trumpf in der Hand, aber ich heb ihn auf. Vielleicht hilft mir der letzte Stich auch zu keinem realen Gewinn. Meine Hoffnungen sind manchmal etwas gebläht. Ich meine dann, Helium befindet in meinen Lungenflügeln und hebt mich in Pfeilrichtung aufwärts. Aber dann war’s nur ein Furz und ich liege wieder horizontal. Mir geht es gut. Soviel wage ich zu sagen. Dabei bin ich nicht einmal wahnsinnig verliebt. Ich hab nur herausgefunden, dass wenn ich mich umschaue ohne mich zu fragen wer ich bin und was mir an Beneidenswertem fehlt, vieles einen recht geordneten Eindruck macht und vielerorts Anzeichen da sind, dass man sich bemüht, das Leben füreinander als interessante Mischwelt von himm- und höllischen Einflüssen zu gestalten – mit Aufwärtstendenzen. Und dass man sich häufig von negativen Eindrücken täuschen lässt ("Projektionen", wieder so ein Projekt der Untergrundorganisation), ist mir ebenfalls nicht verborgen geblieben. Es ist da also ein gewisses Licht, das mich die Dinge sehen lässt. Hübsch ist es, dieses kleine Licht. Und immer, bevor ich schlafen gehe, zünde ich für einen kurzen Moment eine Rechaudkerze an. Dann lösche ich und spähe für einen weiteren Moment lustig im Dunklen rum und weiss: du bist da. Das ist doch die richtige Übung oder? 0 Kommentare, jaja.