
Überall ist Flaute. Niemand meldet sich beim Chat, die herrlichen Bären wohnen alle in den USA oder noch weiter weg. Auch Willy mag nicht länger stehen angesichts meiner Schwere und Schwäche. In solchen Momenten hilft mir, wenn ich nach innen kehre. Hier flackert das Licht noch.
Warten und arbeiten ist die Devise des Eremiten. Er ist allein mit Gott und dieses Alleinsein fördert seine konzentrierte Kraft. Denn im Innern ist die Fülle vorhanden. Nicht entfaltet, nicht frei, nicht (er-)lebbar oder auszudrücken in unmittelbarem Fest und Freude. Aber sie ist gegenwärtig als ein Objekt der Betrachtung, der „Kontemplation“.
Willy friert und rollt sich zusammen. Er weiss, es ist nicht seine Zeit. Wenn er’s trotzdem probiert und herauskommt, dann mag er nur kurze Zeit und findet doch keinen Knochen. Bald legt er sich noch schützender in seine Wolle und leckt sein Fell ein wenig, um sich von seiner Unzufriedenheit zu trösten.
Ich habe Schichtdienst. Es geht ganz gut. Ich bin auf Arbeit sogar ausgelassener und vitaler als hier. Zwischendurch spür ich aber mein zahmes Licht, das mich vor Überanstrengung warnt. Aber dasselbe kommuniziert mir jeder Blick in eine spiegelnde Oberfläche: meine Augen sind leidend freundlich. Sie können weder fangen noch auf einladende Zeichen reagieren. Wenn es mir recht geht, spüre ich immerhin Wehmut über die Gebrochenheit, die ich schon lange genug trage, um mich alt zu fühlen. Auch das sind Insignien des Eremiten. Wieder reiht sich ein Jahr an die Kette.
Ich habe aber ein waches Bewusstsein über die Christuswirklichkeit entwickelt. Manchmal steht sie mir spürbar zur Seite. Sie fühlt sich dann an wie eine gelebte Alternative zum Hochzeitstraum. Der beste Freund, ob gleichaltrig, älter oder ewig jung, ist bereits da. Er ist nah, näher als nahstehende Verwandte. Aber er ist auch still und leise und sehr weit innen. Es ist schwierig mit Christus eine Kiste zu bauen. Aber ich habe ja auch weder Hammer noch Holz. Manchmal verwechsle ich ihn mit der Ursache: Lerne ich seinetwegen niemanden kennen, mit dem eine gemeinsame Aktion reale Spuren zieht? Oder habe ich ihn doch rettenderweise gefunden, weil ich sonst an meiner Gebrochenheit gestorben wäre?
Er lockt mich. Er verheisst mir die Sehnsucht nach der Verbindung eines Paars, denn er ist in der Schrift und in der Tradition der Bräutigam der Hochzeit. Insofern hat mich der „Da Vinci Code“ im Kino tief berührt. Ich weiss von einem Bär, dass er das Buch von Stan Brown gelesen hat. Aber der Bär schläft. Ich seh ihn manchmal online verborgen auf der Kontaktseite. Aber ich figuriere nicht in seiner Favoritenliste. Wenn er lieb wäre, vertrauensvoll zugewandt zuverlässig wie Christus, würde ich mich still zu seinem Licht in seinen Schoss legen. Und warten und arbeiten.