
An meinem Geburtstag hatte ich das immense Pech, gegenüber meinem Vater einer klassischen "unverhältnismässig affekt-aggressiven Instinkt-Reaktion" nachzugeben. Meine Mutter hatte mich am Mittag nach meiner Nachtschicht im Krankenheim zuhause angerufen. Ich war bereits auf, munter und gutgelaunt, wie das ja vorgesehen ist für mein schönstes Jahr. Und dann gab sie den Hörer meinem Daddy weiter.
Soll ich mich hier erklären? Ich hab mich noch nicht einmal bei ihm entschuldigt! Eine Erklärung wird kompliziert und würde eher künstlich statt natürlich wirken, da ich nämlich den grösseren Hang zur Kunst als zur Natur habe. Aber die Grundgleichung meiner früh gepflanzten und immer noch unterdrückten Aggression gegenüber meinem Vater ist an sich verblüffend leicht nachzuvollziehen. Man soll Familiengeheimnisse nicht ausplaudern. Ich erfahre an mir selber, wie sich das Böse im Menschen entwickelt. Und ich versöhne mich allmählich mit dem Fakt, dass ich - leider! - nicht lieb bin, obzwar ich gegen aussen noch oft anständig wirke. Wie sich das Böse ausformt, hängt wohl teilweise vom Entwicklungsstadium einer Seele ab. Ich fühle mich ziemlich anarchisch, was mein Entwicklungsstadium anbelangt, und meine Selbstverachtung diesbezüglich nimmt ab. Ich mache nämlich die Erfahrung, dass es ungesund ist, sich von seinem anarchischen Grund zu trennen. Jede konzessionslose Trennung ist ungesund. Ich hab mich von vielem abgewandt, von Freunden und Familie. Und ich erlebe es als problematisch. Besonders weil die neuen Hinwendungen scheinbar auch keine Wurzeln fassen. Sie sind – wie mein Tagebuch hier – ziemlich virtuell.
Ich werde mich auf jeden Fall noch mit schwarzer Schokolade bei Daddy entschuldigen, die gesund ist für das Herz. Und das Herz ist doch die Seele des Menschen? Aber ich werde die Familienfeier nächsten Monat schwänzen. Mein Vater wird 70. Auf wieviele Jahre soll ich die Chance schätzen, dass wir einander einmal „unverhüllt“ in der Grundgleichung von Vater und Sohn gegenüberstehen? Ich bin dieses Jahr besonders grosszügig und will’s in Lichtjahren messen! Dennoch glaube ich, wenn ich schmerzfrei bin - und das bin ich in diesem jungen Jahr gehäuft - an die Liebe! Ich glaube, wie wenige, die noch naiver sind als ich, an den Himmel. Und ich trenne ihn nicht einmal mehr strikte von der... Nein, nicht von der Hölle, von der ERDE!
Mit meiner Schwester habe ich lange und verbindlicher am Telefon gesprochen. Die atomare Spaltung zwischen den Eltern hat uns Geschwister alle versprengt und erschüttert. Und der Weg zurück birgt viele Gefahren. Aber das Gespräch verlief versöhnlich und vertraulich, darum schweig ich darüber jetzt noch konsequenter als vorhin über meinen "Ausrutscher" gegenüber Paps!
Was macht Mann so in der Freizeit in seinem glücklichsten Jahr? Mann jagt Bären und VER-jagt damit sogar einige mit seinem forschen Auftritt. Ich verliere noch alle Scheu - nicht aber die Scham, die in mir allgegenwärtig ist - im Internet. In der realen Begegnung muss ich dann schon ein paar Tricks anwenden, damit meine Schmetterlingsflügel keinen Staub verlieren und ich nicht zusehends verblasse. Bei meinem vorletzten Date entschuldigte ich mich zwischendurch für einen Gottesdienstbesuch und zwar für einen italienischen Gottesdienstbesuch mit einem unerwartet prächtigen Priester, welcher einen Akzent mit "Lokalkolorit" und etwas so unverschämt Anmassendes an sich hatte, dass ich den Rest des Ausganges gerne mit ihm zugebracht hätte, um die Hintergründe zu seinem Charakter in Erfahrung zu bringen, ...wenn ich mir auch in meinem schönsten Jahr nicht als Mimose die treue hielte. Aber immerhin fühlt sich die Mimose häufiger als sonst wie ein Matr-ose. Aber auch das klingt vom Prefix her nicht unbedingt viel männlicher. Jedenfalls ist hier doch unüberhörbar: Es geht mir prima und Mann darf auf dieser Site weiterhin erwartungsfroh frecher Einträge harren - und sie bitteschön einfallsreich kommentieren. Und Frau darf ebenfalls egal ob sie Strümpfe anhat.
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